Vorbemerkung: Sorry, wurde mal wieder länger.
Einiges wurde hier schon erwähnt, dem ich zustimmen würde. Hier meine Meinung: Das Stichwort "knackig" fiel ja schon öfter. Das Prägnanz oder
Griffigkeit eines Titels ist für mich das einzige Kriterium. Egal in welcher Sprache, mir ist es völlig wurst, ob der Film 8 Blickwinkel, Panic Room, Lammbock, Tanguy, Moulin Rouge, Ronin, Running out of Time, Lautlos oder Free Rainer heißt. Hauptsache, der Filmtitel ist einprägsam, klingt gut, fällt ins Auge und steht mit dem Gefühl, das er vom Film vermittelt, nicht im Gegensatz zum Inhalt. Wobei man da auch immer – zugegebenermaßen – sehr abhängig von zeitgenössischen Strömungen ist.
Übersetzung ist eine Kunst:
1) Punkt eins wäre, dass sie oftmals gar
nicht notwendig ist. Beispiele: Feststehende Namen ("Harry Potter", "Titanic"); Übertragung 1:1 möglich ("Four Brothers -> Vier Brüder"); die selben Worte im Deutschen gebräuchlich und/oder leicht verständlich ("Prestige"; "Fight Club", "Team America" oder auch "Gangs of New York", "Avatar" oder "kiss kiss bang bang" (Edit: Filmtitel korrigiert).
2) Den Versuch, Titel übersetzen respektive anpassen zu wollen, finde ich erst mal löblich. Aber erzwingen sollte man nichts. James Bond wurde als schlechtes Beispiel schon genannt. Leider ist es eine "deutsche" Eigenheit, sich immer am negativen hochzuziehen. Die fallen auch schneller ins Auge, geb ich zu. Wenn eine vernünftige Übertragung (aus dem Englischen) fast nicht machbar ist, bin ich dafür, beim Original zu bleiben. Beispiele: "Layer Cake"; "One Hour Photo"; "Hot Fuzz". Geändert werden müssen hätten meiner Meinung nach "Brothers Grimm" oder der schon erwähnte "The Village".
Es gibt aber auch sehr sehr viele sehr gute Übersetzungen: The Negotiator -> Verhandlungssache; Bridget Jones's Diary -> Schokolade zum Frühstück; A Few Good Men -> Eine Frage der Ehre. Und viele viele mehr, die einem meist gar nicht bewusst sind... Eine gelunge Übersetzung in die andere Richtung wäre übrigens: Lola rennt -> Run Lola Run.
3) Das ganze aber natürlich immer auch abhängig vom Genre und Zielpublikum. "As Good As it Gets" wurde zu Recht in "Besser gehts nicht" übersetzt, "Sixth Sense" oder "Mr. & Mrs. Smith" zu Recht nicht.
Wichtig ist neben der "Knackigkeit" auch, dass sich der Titel eben beim Zielpublikum verankert. Ich habe zum Beispiel bis heute bei manchen Filmen, die ich nur auf Englisch im Kino, auf VHS oder (US-/UK-)DVD gesehen habe, das Problem, dass ich die deutschen Titel nicht weiß. "Snake Eyes" musste ich zum Beispiel gerade erst wieder (bestimmt zum 25. Mal) nachschauen: Spiel auf Zeit. Beide Titel sind gut.
Zum Amateurfilm-Bezug:
Was den Zuschnitt auf ein Zielpublikum angeht, ist das im Amateurbereich ja eh anders als bei den "Großen". Oftmals stecken zusätzlich, wie auch schon angesprochen, durch Vorgaben/Vorbilder notwendige Bezüge dahinter. Außerdem spiegelt bei uns die Sprache des Titels bei vielen (nicht allen) ja auch das Setting wider. Von daher ist es immer schwierig, hier Titel ohne Rücksicht auf den Filminhalt zu kritisieren.
"Invasion auf Bremen" oder "Knappe Knappen" sind für mich als Titel genau gleich gut wie "Cool Age – Revelations" oder "MoC". Von daher ist auch im Amateurbereich sicher beides möglich. Grundsätzlich gilt hier sicher, wie auch im professionellen Kinobereich, dass Filme mit einem höheren "künstlerischen" Anspruch oft lieber deutsch betitelt werden und bei "Popcorn"-Filmen schneller zu englischen Titeln tendiert wird.
Überlegungen, die sich an einem internationalen Publikum ausrichten, kann ich nicht einschätzen, denke aber, dass man als Filmemacher schon einen sehr hohen eigenen Anspruch hat, wenn man sich mit dem Film an ein globales Publikum richten will und deshalb den Titel durch das Englische versucht, an globale Notwendigkeiten anzupassen.
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Die "Taglines":
Viele Titel haben eine erklärende Ergänzung oder einen Untertitel. Wenn man damit arbeitet, kann man auch vieles richtig oder falsch machen, auch sprachübergreifend: Obiges Beispiel: "Free Rainer – Dein Fernseher lügt", finde ich sehr gut, genauso – als Titel (ohne jegliche Diskussion zum Inhalt
) z.B. "Twilight – Bis(s) zum...", oder auch "Arac Attack – Angriff der achtbeinigen Monster" (wobei das mit dem Original-Titel ja eh eine Extra-Geschichte ist).
Oftmals wird auch nur der "Untertitel" übersetzt, wenn der Haupttitel überall gleich bleibt (z.B. "
2001: A Space Odyssey"), oder überhaupt erst ergänzt ("Italian Job - Jagd auf Millionen"; was im übrigen immer noch wesentlich besser ist als "Charlie staubt Millionen ab". Ähnliches Beispiel "Ocean's Eleven" vs. Frankie und seine Spießgesellen. Aber da wären wir wieder beim Zeitgenössischen.) Eine einfache Übertragung des englischen Wortes ins Deutsche finde ich da soo schlimm nicht: Gelungenes Gegenbeispiel zu "The Village" wäre "Bad Boys – Harte Jungs"
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Zu Village People:
Als quasi derjenige, der die letzten beiden Titel (in der Hauptsache mit)verbrochen hat, hier meine Anmerkungen:
Village People:
Der erste Film und somit der erste Titel war "Village People – Jungs vom Dorf". Hier hatten wir zum einen die bekannte Band als Grundidee für die Ausstattung der Hauptfiguren im Hinterkopf, zum anderen, dass die wörtliche Übersetzung eben auf die Dorfbevölkerung verweist. Analog zum Bad Boys – Harte Jungs hab ich dann diesen Titel vorgeschlagen, der so auch fast überall (sogar beim WIP-Teaser-Plakat) lauten müsste. Ähnlich wie bei "Tatort Calw" klappen wir für jeden Teil eine Titelergänzung nach, offiziell sogar ohne Zählung (nur in der Kurzschreibweise T1-T4, VP1-VP3). Andere Titel von uns waren urdeutsch oder englisch: Manta Cop; Zerliebt; Tastenwahn; Killer; Bodycount; Fallen Angel; 5 VOR 12; SEK CALW...
Totgesagte leben länger:
Wir haben nur VP1 für einen Recut und zusätzliche Postpro freigegeben, was – ebenso wie Vertrieb und Vermarktung – durch unseren Partner erfolgte. Der Titel wurde von unserem Partner vorgeschlagen (inspiriert von "Wer früher stirbt ist länger tot", da dieses auch eine Dialekt-Komödie mit viel Lokalkolorit ist). Wir haben zugestimmt, da es sich unterm Strich doch um zwei stark unterschiedliche Versionen des Filmes handelt und wir so die Verschiedenheit besser verdeutlichen können. Dem Film einen englischen Titel (anders als VILLAGE PEOPLE) zu geben stand nie zur Debatte.
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So, genug gelabert. Das, was Titel meist können, nämlich sich kurz fassen, muss ich erst noch lernen. Ich geh dann mal üben...