Bis etwa 3:20 fand ich diesen Film sehr gut.
Die knalligen Farben, der schlechte Ton, das miese Schauspiel - in Kombination mit dem Titel wird deutlich: Wir sind hier in einer Schein-, einer nicht ausgereiften Computerwelt. Eine Alphaversion einer für Benutzer kreierten Matrix, wenn man so möchte.
Nach dem Bruch wird deutlich, dass bis auf den gut gewählten Kontrast der Farben (Scheinwelt: schön und bunt, reale Welt: trist und grau) leider nichts davon Absicht war.
Des Weiteren gab es nach dem Bruch einige Sachen, die mich komplett aus dem Filmerlebnis rausgerissen haben:
Wieso trifft er die Frau aus der Computerwelt im Bus? Kennt er sie? Warum begrüßen sie sich nicht? War sie auch mittels der Droge in der Computerwelt? War das ihr Avatar oder entsprang sie seiner Fantasie? Ist das eine riesige Onlinewelt für alle wie Second Life oder kreiert jeder seine eigene, wie bei einem Computerspiel ohne Internetzugang?
Wie zum Teufel funktioniert diese Droge? Er ist in keiner Weise mit dem Computer verbunden, schluckt so ein Ding, drückt Enter, und dann ist er in der Computerwelt? Was?
Und überhaupt: Das Ding ist freiverkäuflich und er scheint ja ein bekannter Konsument zu sein ("das Übliche"). Eine Droge sollte doch eher unter dem Ladentisch verkauft werden (minor issue, als Gesellschaftskritik gehts natürlich auch so durch, da ja auch so gut wie jeder freien Zugriff auf soziale Netzwerke hat) und wenn er wirklich abhängig davon ist, hätte er viel zerrütteter aussehen müssen. Außerdem hätte er es niemals soweit kommen lassen, dass sein Vorrat zur Neige geht, sondern vorsorglich Nachschub besorgt, wenn er merkt dass die Packung fast leer ist.
Ein guter Film wirft auch mal Fragen auf, allerdings solche, die den Zuschauer den Film noch mehr genießen lassen und für deren Antworten er Anhaltspunkte liefert. Das ist hier absolut nicht der Fall, die Frau im Bus wirkt eher als ob der Film mir sagen will wie megadeep er ist ("er könnte sie in echt ansprechen, aber er bleibt lieber in der Onlinewelt, kapiert???") und die fehlende physische Vebindung zum Computer wirkt wie ein peinlicher Regiefehler.
Speaking of which, wie schafft es ein Film mit zwei Regisseuren, derart miserable Schauspielleistungen zu beinhalten? Denkbar wäre, dass so viel widersprüchliche Anweisungen an die Darsteller herangetragen wurden, dass ihr Spiel von vorneherein zum Scheitern verurteilt war. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass schlicht keine Schauspielführung stattgefunden hat.
Auch bei der filmischen Umsetzung hapert es an der Regie. Man hätte vieles bildlich lösen können, so hätte er z.B. einfach eine neue Packung bei sich zuhause öffnen können (Vorrat, remember), was uns den peinlichen Dialog in der Bar erspart hätte und zudem Freiverkäuflichkeit und Konsum im Dunkeln gelassen hätte.
Es ist mir ein Rätsel, wie zwei Regisseure derart viel übersehen können - außer es handelt sich um "creditdropping" und das Regieführen bestand aus "Action... Cut... okay fertig, Hauptsache gute Bilder!"
Alles in allem war der Film okay für einen Zweitsemesterfilm, ein aktuelles Thema gut in Szene gesetzt, aber nach dem tollen Anfang hätte man deutlich mehr herausholen können und müssen. Ich bin auf eure nächste Produktion gespannt.
Weil ansonsten der Film schon etwas zum Nachdenken anregt, vergebe ich ein *rite*.
Du vergibst einen Brauch? Was?
Ansonsten sehr gut gedreht, tolle Story. ***
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