Hier mein Review zu dem wirklich gelungenen Film aus dem Hause Brandl-Pictures:
Auf einem scheinbar verlassenen Bahnhof sitzt ein einsamer junger Mann (Günther Brandl). Er weiß nicht, wo er ist und wie er dort hingekommen ist.
Andre, so der Name des jungen Mannes, macht sich mit seinem Auto auf den Weg zu der Ortschaft Mettlingen. Doch auf der Strecke dorthin ist kurze Zeit zuvor ein schwerer Unfall passiert und er wird von einem Polizisten angehalten und gebeten, doch eine andere Route zu benutzen. Doch gerade diese Route scheint die Strasse zu sein, die ins Nirgendwo führt. Auf dieser neuen Strecke begegnen Andre nicht nur mysteriöse Gestalten, sondern sie scheint auch, kein Ende nehmen zu wollen.
Als Zuschauer wird man anfangs in ein dunkles Meer aus Chaos geworfen. Und nur Stück für Stück setzen sich die Bausteine der Geschichte wie die eines Mosaiks zusammen und offenbaren die Wahrheit. Der Film kommt überaus surreal daher, zudem sind die Szenen zeitlich stark versetzt, was ein sehr komplexes Gespinst aus Handlungssträngen zur Folge hat.
Leider ist trotz dessen nach etwa der Hälfte des Filmes der Groschen gefallen, wie man so schön sagt, und man kann sich als Zuschauer einen Reim daraus machen, was diese scheinbar endlose Fahrt auf der STRASSE NACH NIRGENDWO versinnbildlichen soll.
ACHTUNG SPOILER!
Andre, bzw. seine Seele befindet sich in der Sterbephase des „Nicht-Wahrhaben Wollens“.
Er steht sich seinem Schicksal gegenüber und versucht ihm zu entfliehen, was ihm nicht gelingt, welches durch die nicht endende Fahrt verdeutlicht wird und er sogar an ein und derselben Stelle wieder ankommt und damit konfrontiert wird: Die Unfallstelle, sein eigener tödlicher Unfall! Es ist also für Andre eine Reise durch eine Art Vorhölle, was daraus ersichtlich wird, dass sich in der Gastwirtschaft, auf die Andre während seiner Reise stößt, andere Verstorbene aufhalten, was ich an einer offensichtlich onkologischen Patientin festmache, die vom Krebs und einer Chemotherapie gezeichnet ist.
Auch die weiteren offensichtlicheren Geistererscheinungen auf seiner Fahrt, allen voran den Geist des jungen Fahrradfahrers (gespielt von Helmut Brandl), der er ja mit in den Tod gerissen hat, wie man zum Ende des Filmes erfährt, sprechen für die Tatsache, dass er sich bereits im Jenseits befindet.
SPOILER ENDE
Aber es wird dem Zuschauer auch bis zum Ende hin nicht alles schlüssig serviert. Stellenweise tauchen Handlungsträge auf, die man interpretieren muss damit sie einen Sinn ergeben und trotz dessen wird man über den Hintergrund einiger Szenen im Dunklen gelassen. So ist mir z.B. nicht klar, was der Geigenspieler am Straßenrand oder aber der von alleine fahrende Rollstuhl verdeutlichen sollen. Aber das ist meiner Meinung nach nicht weiter schlimm. Im Gegenteil, es ist absolut ok, wenn der Film Fragen offen lässt, anstatt dem Zuschauer alles vorzukauen.
Der Film wirkt wirklich sehr düster und melancholisch. Er ist wie eine einzige surreale Albtraumfahrt im absoluten David Lynch-Stil. Dass der Film bis auf das Ende, was logischerweise den wirklichen Beginn der Geschichte darstellt, in schwarz-weiß daherkommt, empfinde ich als sehr gute Wahl um diese kühle Stimmung zu unterstützen. Komplett in Farbe hätte der Film, glaube ich, nicht so eine starke Wirkung erzielen können.
Die Szene, in der Andre auf seiner Fahrt, den Fahrradfahrer vor sich sieht, ist eindeutig eine Hommage an DIE MÄCHTE DES WAHNSINNS von John Carpenter.
Obwohl man den Film eindeutig in die Kategorie Mystery-Drama gruppieren kann, kommen die Horrorelemente, sprich Schockeffekte nicht zu kurz. Ich muss sogar zugeben, dass die Schockeffekte so präzise und passend eingesetzt wurden, dass sie mir einen riesigen Schrecken eingejagt haben. Die Originale von SHUTTER oder THE EYE waren die letzten Filme, wo ich mich so dermaßen vor Effekten mit plötzlich erscheinenden Geistern erschreckt hatte. Es wirklich nicht viele dieser Schreckmomente vor, aber wenn, dann haben sie es wirklich in sich!
Nicht zuletzt wird dies verstärkt durch die grandiosen Soundeffekte von Michael Donner, der sich übrigens auch für den restlichen Soundtrack verantwortlich zeichnet.
Natürlich hat der Film die üblichen Kinderkrankheiten, die ein Amateurfilm nun mal hat: teils unverständliche Dialoge, schwankende Lautstärke, wackelige Kamera, wechselnde Schärfe usw. Aber die wirklich stimmige Atmosphäre, innovative Erzählweise und überzeugende Darstellung machen da viel wieder wett.
Fazit: Komplexe und atmosphärisch-düstere Albtraumfahrt mit präzise-eingesetzten Schreckmomenten und einer Story, die den Zuschauer in seinen Bann zieht.
Einer der besten deutschen Amateurfilme überhaupt!
9,5 von 10 Punkten