Delicatessen:
Genialer Film,
Die skurrile Handlung spielt in einer Stadtruine an einem nicht näher bestimmten Ort zu einer unbestimmten Zeit, jedenfalls nach einer globalen Katastrophe (Atomkrieg, Meteoreinschlag oder ähnliche Desaster). Es gibt kaum noch Fleisch oder andere Lebensmittel. Daher konnte sich ein Fleischer (dargestellt von Jean-Claude Dreyfus) mörderischen Wohlstand erarbeiten: Regelmäßig stellt er neue Hausmeister ein, um sie bereits nach wenigen Tagen zu schlachten und portionsweise an die hungernden Hausbewohner – gegen Mais, die offizielle Geldwährung – zu verkaufen. Als neuestes Opfer ist Louison (Dominique Pinon) auserkoren, ein ehemaliger Clown, der zwar wenig Fleisch auf den Rippen hat, sich mit handwerklichem Geschick aber recht gut einlebt. Als Julie, die Tochter des Fleischers, sich jedoch in Louison verliebt, beginnt die Sache aus dem Ruder zu laufen. Sehr schön auch die verrückten Hausbewohner mit ihre Macken, erinnert mich ein weing an den alten Comic "Ausgeflippt - Fischstraße 13"...
Die makabre Ausgangsidee beschreibt eine marode Welt, in der alle zivilisatorischen Werte hintangestellt sind, und fächert sich in zahlreiche Episoden voller ausufernder Einfälle zwischen Surrealismus, Slapstick und Comic Strip auf; faszinierend und sehenswert ist der Film vor allem dann, wenn sich die Fabel zugunsten von Bewegungen, Tönen, Farben und Ideen in einem eigenwilligen Erzählrhythmus auflöst.
Ausgezeichnet mit vier "Cesars".
Whalerider:
Nach einer Māori-Sage kam vor tausenden Jahren der Urahn Paikea auf einem Wal reitend an die neuseeländische Küste und gründete das Dorf Whangara. Seitdem trägt das Oberhaupt des Stammes den Namen Paikea und vererbt diesen an den Erstgeborenen der männlichen Nachkommen.
Nun soll in einer Maori-Familie ein neuer männlicher Nachfahre geboren werden. Doch die Geburt geht schief: die Mutter bekommt Zwillinge, allerdings sterben die Mutter und der männliche Zwilling dabei. Nur der weibliche Zwilling überlebt. Dennoch benennt der Vater Porourangi seine Tochter Paikea, sehr zum Ärger des Großvaters und Dorfchef Koro, dem bewusst ist, dass dies gegen die Maori-Tradition verstößt, da der Titel nur vom erstgeborenen männlichen Nachkomme getragen werden darf.
Das Mädchen wächst bei ihren Großeltern Koro und Flowers auf, und wird Pai gerufen. 'Koro' ist die Māori-Bezeichnung für einen Älteren, dem gegenüber man Respekt zu zollen hat. Trotz der offensichtlich guten Beziehung zwischen Pai und Koro kann dieser sie jedoch nicht als zukünftiges neues Oberhaupt ihres Stammes akzeptieren, weil sie kein Junge ist. Die Großeltern ermuntern ihren Sohn, erneut zu heiraten und einen männlichen Nachfahren zu zeugen. Der scheint zuerst kein Interesse zu haben, doch zufällig kommt heraus, dass er mit einer Frau in Deutschland eine Beziehung hat, und sie nun schwanger ist. Die Frau möchte allerdings nicht nach Neuseeland ziehen, da sie ihren Job und ihre Familie in Deutschland behalten will. Die Großeltern scheinen verzweifelt, und der Großvater Koro beginnt, mehr und mehr offen seinen Frust und seine Enttäuschung an Pai auszuleben. Sie erträgt die schroffe Behandlung geduldig, da sie unbewusst versteht, dass der Frust des Großvaters nicht ihr persönlich gilt, sondern dem scheinbar fehlenden 'echten' Paikea, dem männlichen Nachkommen.
Indem der Großvater Koro die heranwachsenden Jungen des Dorfes in alten Māori-Bräuchen unterrichtet und sie trainiert, hofft er, einen geeigneten und mutigen Nachfolger zu finden. Pai möchte auch trainieren, da sie jedoch ein Mädchen ist, wird sie von ihrem Großvater Koro weggeschickt. Bald danach findet sie jedoch heraus, dass der Bruder ihres Vaters in jungen Jahren ein sehr guter Maori-Kämpfer war und sogar Preise gewann. Mit seiner Hilfe beginnt die zwölfjährige Pai ein eigenständiges Training, und stellt sich damit ihrem Großvater und der alten Tradition entgegen.
Eine wunderschöne, in traumhaften Bildern eingefangene Geschichte, die sowohl die Lebendigkeit von Traditionen und Legenden als auch die zunehmend prägende aktuelle Lebenswirklichkeit sowie die emanzipatorischen Bestrebungen der nachwachsenden Māori-Generationen überzeugend darstellt.
Neben einer Oscar-Nominierung in der Kategorie "Beste weibliche Darstellerin" für Keisha Castle-Hughes gab es für den Film Auszeichnungen beim Toronto International Film Festival, beim Sundance Film Festival (Publikumspreis) und beim International Film Festival Rotterdam.