Habe den Film nun auf DVD gesehen und hier meine unvoreigenommene und neutrale Kritik, nach bestem Wissen und Gewissen:
7 Kreuze im blutigen Sand
Dieser Film ist so sehr Italo-Western, daß selbst ein Sergio Leone noch mal genau auf die Credits kucken würde, um sich zu vergewissern, daß der deutsche Film nicht vielleicht doch aus einer italienischen Schmiede kommt.
Wovor sich der moderne Betrachter hüten sollte ist, diesen Film sofort als schlecht zu bezeichnen, nur weil ER selbst keine Italo-Western mag, ggf. überhauptkeine Western mag. Denn diejenigen, die Spagetti-Ballerfilme lieben, werden zumindest teilweise ihre Freude daran haben.
Als Warnung sei ihnen gesagt: Das ist ein Amateurfilm und man sollte auch amateurhafte Darsteller erwarten – oder glaubt jemand daß bei diesem kleinen Budget es möglich war einen Lee van Cleef auferstehen zu lassen oder Clint Eastwood noch einmal zu einer letzten Cowboy-Rolle zu bewegen? Besonders ausdrucksstarke Mimik darf man also nicht erwarten, aber hatten eigentlich die coolen Westernhelden der Filme früherer Epochen eine bewegte Mimik? Wenn, dann im sehr dezenten Maße. Einige der „7 Kreuze“-Darsteller spielen sogar recht passabel, so z.B. Hauptfigur Spirito Santo und zwei der Schurken.
Was etwas stört ist die Qualität des Verbalen. Die gesprochenen Sätze hören sich an, als wären sie in einem dumpfen Tonstudio aufgenommen und passen weder im Hall noch in der Betonung zum Bild. Sie wirken wie Fremdkörper. Die Dialoge selbst sind okay. Einfaches Wild-West-Niveau eben, nix für den Geist.
Die Darsteller können keine Bäume ausreißen, aber sie sind Typen und das ist schon mal was. Man sieht sie nicht ungern. Habe auch schon viel schlechtere Leistungen gesehen.
Ganz furchtbar misslungen sind die Saloonszenen, bei denen anscheinend die Räume nur als Hintergrundeinspielung auftauchen, während die Darsteller einfach im leeren Studio-Raum vor einem Blue- oder Green-Screen herumsitzen. Das wirkt unecht hoch drei, macht aber nur weniger als 10 % der Laufzeit aus.
Die Aufnahmen in der Westernstadt entschädigen dafür. Zünftige Gebäude, Wüstenböden und eine pfiffige Kameraführung mit schrägen oder gewagten Perspektiven. Neckisch. Die Beleuchtung kann man gar nicht hoch genug loben. Das hätte in den 80ern vielleicht für etwas Verwunderung gesorgt, weil damals 90 % aller Filme top beleuchtet waren, aber HEUTE ist es schon fast eine Sensation wenn ein Film komplett hell und deutlich ist. Da ist aber auch jeder Zentimeter ausgeleuchtet. Optimal.
Ebenfalls optimal ist die Musik, bei der ich mich frage, wie es überhaupt möglich war mit wenig Geld diese Klassiker (z.T. von Ennio Morricone) zu besorgen. Da taucht dann z.B. jene berühmte Musik aus dem Finale von „Für ein Paar Dollar mehr“ auf. Selbst wenn jemand sagen sollte, daß der einfach gehaltene Film ihm zu billig ist, so lohnt sich das Ansehen doch bereits um diese vielen absolut brillanten Musikthemen zu hören und dazu bewegte (helle) Bilder zu sehen.
Die Geräusche sind top. So müssen sich Filmschüsse im besten Falle anhören.
Man sieht vor allem Schußwechsel. Es wird geballert, geballert und geschossen…so viel wie sonst in drei handelsüblichen Italo-Western zusammen. Allzu viel Inhalt hat da keinen Platz, obwohl die Rache- und Goldgeschichte schon das Niveau der billigen Exemplare des Spagetti-Western hat. Auf jeden Fall bekommt der Western-Vielkucker das, was er will, nämlich Schießereien. In die Richtung den Zuschauern einfach mal konsequent zu geben, was sie wollen, geht auch der hervorragende „Ghost Town“, wobei dieser Hollywoodfilm natürlich kämpferisch besser und auch viel interessanter im Inhalt war.
Relativ blutig sind die Erschießungen auch, aber keine Splatterorgie, wie andere Amateurstreifen.
Langweilig wird es bei Dirk Roches Film nicht, denn es passiert ständig was, die Musik verwöhnt einen und es knallt laut.
Sehenswert ist auch der Vorspann mit der Schrift und den scherenschnittartigen Silhouetten in rot und orange. Das sieht farblich schön aus und ist auch stilistisch gut gelungen. Habe schon James Bond Titel gesehen, die mir weniger gefielen. In diesen Farben ist übrigens auch die schöne Amaray gehalten.
„7 Kreuze im blutigen Sand“ hat eine kleine Überraschung am Schluß parat und unterhält einfach recht gut. Natürlich kein Film, der das Western-Genre neu erfindet, aber nach 1998 als USA-Spanien mit „Django – Ein Dollar für den Tod“ einen lahmen, aber sehbaren Versuch machten, einen Italo-Western zu drehen, hat endlich einmal ein Film wirklich diesen Stil getroffen. Man sollte sich einfach freuen, daß es ein deutscher Amateurfilm war.
An alle deutschen Amateurfilm-Fans: Kaufempfehlung, denn es muss gefördert werden, daß eine Amateurproduktion keinen der beiden hierzulande üblichen Wege einschlägt, nämlich entweder ein weiteres Zombie-Oragen-Gemetzel (ggf. alternativ Schlitzer) anzurichten oder einen minimalistischen Langweiler zu drehen nach dem Motto „2 Leute sitzen auf einer Bank und erzählen sich Belangloses aus ihrer Vergangenheit“.
6 / 10 Punkten (Amateur-Bereich) oder Note 3-