Als ehemaliger Praktikant der Macher dieses Kurzfilms möchte ich sehr gerne ein umfassendes Feedback zu diesem Werk abgeben. Hierbei arbeite ich mich chronologisch im Film voran.
Gleich zu Beginn fällt mir die musikalische Untermalung positiv auf, die die Stimmung des Films direkt und verständlich kommuniziert. Die Schauspielerin macht schon in den ersten Shots einen guten Job und transportiert ihre Enttäuschung über die vielen abgelehnten Bewerbungen glaubhaft. Leider leidet die erste Szene unter einigen produktionstechnischen Schwächen: Zum einen ist die Lichtsetzung sehr unauthentisch und unmotiviert (Licht von unten), zum anderen wurden für Tag- und Nachtaufnahmen ein und dasselbe Lichtsetup verwendet und lediglich im Grading angepasst, was den Produktionswert leider etwas dämpft. Außerdem gibt es ein kleines Continuity-Problem: im Hintergrund sind dieselben Metalljalousien zu sehen, wie später im Büro.
Der Haupttitel ist ansprechend gestaltet und zeitlich gut platziert, gefällt mir gut!
Ihr Weg zum Büro, sowie ihre Ankunft sind klassisch inszeniert und absolut solide. Zu diesem Zeitpunkt verstehe ich: Sie ist auf dem Weg zum Büro. Ihr Portrait vor der Tür vermittelt in Kombination mit der Musikuntermalung ihr Unbehagen und erklärt mir ihre Nervosität. Auch hier sehr schön gemacht!
Der Stilbruch vom Düsteren ins Freundliche, als sie das Büro betritt, klappt gut, auch wenn die Musik etwas nach "1990er Imagefilm" klingt. Der Empfang wirkt leider etwas unauthentisch. Sie lässt sich selbst hinein, alle springen auf und haben die Süßigkeiten schon bereit? Das wirkt leider etwas zu konstruiert und reißt mich aus dem Filmerlebnis heraus.
Nun wird der Firmenchef revealed. Wieder ein dramatischer Stilbruch. Der zweite in weniger als einer Filmminute. Das wirkt leider sehr unentschlossen, als wüsste der Film nicht wirklich, was er sein will.
Der Chef wird mit einer Auffahrt klassisch als Bösewicht inszeniert, ich hätte mir nur noch eine etwas raffiniertere Umsetzung im Lichtsetup gewünscht, um seinen Charakter zu unterstreichen. Nun liefert er seine Textzeile ab. Hier zeigt sich deutlich, dass mit Laiendarstellern gearbeitet wurde, was sich bei no-budget Produktionen ja leider nicht vermeiden lässt.
Am Anfang der "Verhörszene" wurde subtil mit Sound gearbeitet (Uhrticken), um die Nervosität der Bewerberin zu verdeutlichen. Den ersten etablierenden Kamerashot als Aufsicht zu gestalten wirkt jedoch leider sehr willkürlich und er scheint keinem wirklichen Zweck zu dienen. Das Licht ist aufwendig gesetzt und lässt den Raum wie ein Verhörzimmer wirken, sehr schön umgesetzt!
Bei der Story tritt nun Verwirrung auf: Sie hat den Praktikumsplatz bereits sicher, aber nun wird erst ein Bewerbungsgespräch mit dem Chef geführt? Das wirft mich aus der Chronologie des Films und lässt mich während der gesamten Szene über die zeitlichen Abläufe nachgrübeln.
Der Beginn der Szene wird spannend inszeniert, doch als der Chef mit seinem Text beginnt, geschieht wiederum ein Stilbruch in eine freundlichere Stimmung. Grundsätzlich gut, aber mit den zwei vorherigen Stilbrüchen definitiv zu viel. Weiterhin fällt stark auf, dass der Produktionston wohl nicht ausreichend gut war und der komplette Film nachvertont wurde. Der nachträgliche Ton fügt sich leider nicht sehr gut in den Film ein und hätte vielleicht noch ein bisschen mehr Bearbeitung vertragen. Außerdem scheint es einige Differenzen zwischen Darstellerspiel und Nachsynchronisation zu geben, da in manchen Sätzen hier und da Wörter fehlen.
Durch das sehr gelungene Grading fällt in dieser Szene auch erstmals der weiße Pixel in der rechten Bildmitte auf, der sich leider durch den ganzen Film zieht. Schade!
Nun folgt die Montage über ihre Einarbeitung in die Firma. Diese soll zeigen, wie sie von ihrem Chef langsam an kriminelle Machenschaften herangeführt wird. Beginnend mit dem Rausbringen des Mülls (vermutlich ein vorheriger Praktikant) und abschließend mit der Einweisung in den Gebrauch einer Schusswaffe, will die gesamte Montage aber nicht wirklich funktionieren und wirkt sehr konstruiert, sodass sie nicht fließen kann. Die unmotivierte Lichtsetzung, sowie die Musikuntermalung sind nicht stimmig und ich finde mich gefühlt in einem Imagefilm wieder, was mich komplett aus dem Kurzfilm wirft. Ebenso wirken einige Abschnitte, wie zum Beispiel die Panzertape-Szene, sehr willkürlich und haben keinen erkennbaren Sinn.
In der Szene, in der der Chef der Praktikantin am PC den WDI-Bildschirm zeigt, fallen leider sehr starke Defizite in der Postproduktion auf. Der ersetzte Bildschirminhalt schwimmt in der Kamerabewegung und sitzt nicht an Ort und Stelle, wo er hingehört. Während der Kamerabewegung überlagert der Bildschirminhalt sogar kurz die Nase der Protagonistin. Auch an der Glasfront des WDI-Gebäudes funktioniert das Tracking des eingefügten Logos nicht richtig und es bewegt sich hin und her.
Nun befinden wir uns kurz vor dem Bankraub. Spannend auf der Audioebene und auch der visuelle Einstieg in die Szene ist sehr gelungen! Abgesehen von den leichten Schwächen in der Lichtsetzung, die sich durch den Film ziehen, ist die ganze Szene im Auto gut inszeniert. Allerdings erschließt sich mir die Logik des Chefs nicht ganz. Der Kunde, der die Mahnung erhalten hat, hat sein Konto bei dieser Bank. Deshalb rauben wir die Bank aus? Das würde nur der Bank schaden und der Kunde bliebe unangetastet. Der Raub hätte keinerlei Effekt. Sollte die Argumentation des Chefs aber als Gag gedacht sein, so wird er leider nicht als solcher transportiert und funktioniert nicht.
Die folgende Szene ist durch die tolle Location visuell sehr eindrucksvoll! Das Gebäude der Sparkasse bietet kinematographisch tolle Bilder an, die oftmals sehr schön genutzt werden. Im Storytelling der Raub-Szene befinden sich jedoch sehr viele Ungereimtheiten, die den Zuschauer verwirren.
Wieso ist zu nachtschlafender Zeit der Haupteingang passierbar? Sollte die Bank nicht geschlossen sein? Und wenn sie offen ist: Warum befindet sich kein Mensch in der Lobby und sie kann einfach so hereinspazieren? Gibt es keine Kameras? Einen Sicherheitsraum? Wachleute? Alles Punkte, die die Szene sehr unlogisch wirken lassen. Ebenso wirkt der Sicherheitsmann mit den Geldkoffern eher wie ein Mittel zum Zweck. Würde WDI seine Einzahlungen wirklich über einen Sicherheitsmann mit zwei Geldkoffern abwickeln, oder viel eher elektronisch? Und wenn die "Einzahlung" illegal ist, warum dann in einer offiziellen Bank an einem offiziellen Schalter? Das alles will nicht so wirklich passen.
Die Szene schreitet voran, sie durchquert die verlassene Lobby und dann: Schnitt. Sie steht mit erhobener Waffe vor dem Sicherheitsmann, die Wand in ihrem Rücken. Wie ist sie dahin gekommen? Wo kam sie herein? Wie ist sie in diese Situation gekommen? Hier gibt es eine Lücke im Storytelling, die sich nach Schließung sehnt.
Weiterhin fragt man sich: Warum ist der Bankschalter mitten in der Nacht besetzt, wo doch die Bank geschlossen zu sein scheint? Wieso ist der Sicherheitsmann nicht im Stande, auf die kurze Distanz ihre Waffe als Replik zu identifizieren? Diese Fähigkeit sollte man von einer Sicherheitskraft eigentlich erwarten können.
Mit den zwei Koffern in den Händen läuft die Protagonistin nun zurück durch die Lobby. Kein Alarm wurde ausgelöst? Niemand verfolgt sie? Sie könnte einfach gehen, wäre ihr der schwer bewaffnete Sicherheitsmann nicht zufällig über den Weg gelaufen? Gut, das nehmen wir mal so hin.
Der Sicherheitsmann sieht die Protagonistin und lässt in Zeitlupe seine Tasse fallen. An dieser Stelle höre ich Zack Snyder leise in der Ecke weinen. Ich erwarte, eine Großaufnahme der Tasse zu sehen, wie sie in Zeitlupe auf dem Boden aufschlägt und werde enttäuscht. Der Shot bleibt aus. Leider wurde hier eine große Chance vertan.
Der Rest der Szene zeigt nun deutlich, was der Film eigentlich sein möchte: Eine Komödie.
Nur wird der ganze Film leider zu gewollt dramatisch inszeniert, sodass eine Genrezuordnung schwierig, bis nahezu unmöglich erscheint.
Die Friede, Freude, Sachertorte-Szene am Ende wirkt abermals sehr willkürlich und erfüllt gewisse Erwartungen nicht. Als der brilletragende Mitarbeiter von seinem blutigen Erlebnis erzählt, denke ich "Jetzt wurde sie also in den Kreis der Gangster aufgenommen. Ein nettes Ende und Charakterentwicklung ist auch dabei!". Doch dann wird seine Erzählung als Tomatensuppenunfall aufgelöst und ich frage mich, was mir dieser Gag jetzt eigentlich vermitteln sollte.
Das Ende wiederum ist pfiffig und schließt den Kreis der Geschichte sehr schön. Sie hat am Anfang den Müll rausgetragen und endet nun in demselben. Das hat Witz und mir sehr gut gefallen.