Hi,
also mir fällt es sehr schwer, eine Kritik für diesen Film auszuformulieren.
Der Film hat durchaus sehr positive Ansätze, scheitert aber in einigen Punkten auch an den eigenen Ansprüchen. In deiner Inhaltsangabe sieht man deutlich, in welche Richtung ihr wolltet, dieses "verträumte" Niveau wird leider nicht erreicht. Das ist jetzt keine direkter Kritikpunkt, sondern eine persönliche Empfindung nach 2 Ansichten des Filmes. Dass die angepeilte Stimmung nicht erreicht wird liegt an der Summe vieler kleiner Kritikpunkte, auf die ich im Nachhinein nähers eingehen möchte.
Deshalb möchte ich im Hinblick auf diese Argumentation mit den negativen Kritikpunkten anfangen.
-Sehr ablenkend fand ich den ganzen Film über die, gelinde gesagt schreckliche, Farbkorrektur. Während die ersten Einstellungen mit dem Kran noch gut aussehen, wird in dem Cafe durch diese Blau-Cyan-Grüne-(entschuldigt den Begriff)-Matschepampe zwar eine surreale, unnätürliche Atmosphäre erzeugt, die allerdings meiner Meinung nach konträr zur Geschichte steht. Natürlich erzählt ihr eine mysteriöse, verträumte Geschichte, aber das Cafe, dieser "Rückzugspunkt zum Träumen" hätte um einiges gemütlicher wirken können, auch im Gegensatz zum schmuddeligen Wetter drausen und dadurch auch den Zuschauer zum Träumen und Wohlfühlen einladen können. In den Rückblenden zieht das Niveau der Farbgebung wieder an, wirkt allerdings etwas over-the-top. Hier würde ich gern ein Beispiel nennen. Die Einstellung ab 1:19 ist zwar bewusst übertrieben korrigiert, da es sich ja um eine Rückblende handelt. Allerdings wäre eine akzentuiertere Farbgebung lieber gewesen, als ein drübergeschobener Gesamtfilter. Das ist allerdings eine Sache, die man schon beim Dreh unter Einsatz von Scheinwerfern hätte machen müssen. Durch diesen Draufgeschobenen Einheitsfilter sieht es aus, als hätte eure Kamera nen flaschen Weißabgleich.
Ich möchte mit dieser Kritik nicht unfair sein. Ich weiß, dass Licht hier im Forum ein heikles Thema ist und gern etwas stiefmütterlich behandelt wird. Die wenigsten haben die Möglichkeit, auf anständiges Lichtequipment zurückgreifen zu können.
Deshalb wollte ich nur als Tipp drauf eingehen. Auch mit einer Leselampe kann man schon mal versuchen, im Bild lichttechnische Akzente zu setzen, um es dadurch enorm aufzuwerten.
Dazu würde ich euch raten, Farbkorrektur als solche viel dezenter einzusetzen. Wenn man irgendwo nen krassen Blaufilter draufsetzt und dem Zuschauer damit unter die Nase reibt: "Schau mal, jetzt ist es saukalt!" und dann in der nächsten Szene konträr nen fettes Orange: "achso und jetzt ist es voll warm und gemütlich, totaler Gegensatz zur Szene vorher!", dann hat das drei nennenswerte Effekte:
1. Der Zuschauer hat den Eindruck, dass die Szene unnatürlich aussieht. Schließlich kommt einem im echten Leben ein Raum auch nicht so dermaßen rot vor, wenn er gemütlich ist. Das sind immer nur Nuancen, die der Zuschauer auch im Bild entdecken möchte --> 2. Ein Film mit zu offensichtlicher Farbkorrektur sieht immer billig aus. Ich nehme einen Satz immer gern als unverrückbares Dogma bei der Farbkorrektur (außer es handelt sich um surrealisische Ausnahmefälle): Die Farben in den Gesichtern müssen stimmen. Ich meine nicht den Fall, wenn eine Figur zum Beispiel farblich von einer Lichtquelle im Film angeleuchtet wird (z.B. an einem Lagerfeuer), sondern den Normalfall. Keiner weiß, wie die Wand in dem Raum aussieht, in dem du drehst. Vielleicht ist sie ja sogar so orrange. Aber immer wenn die Farbe im Gesicht unnatürlich aussieht wirkt die ganze Szene "falsch".
3. Dir gehen relativ bald die Variationsmöglichkeiten aus. Wenn du immer nur zwischen kalt und warm wechselst wird das über eine längere Spieldauer hin ziemlich eintönig. Auch hier lautet das Zauberwort Differenzierung. Genauer auf Lichtstimmungen eingehen.
-Die Einstellungen haben mir im Großen und Ganzen ganz gut gefallen. Vor allem die Kranfahrt am Anfang und vor dem Cafen waren super und sahen sehr profesionell aus. Allerdings gabs gelegentliche Aussetzer. Besonders hässlich fand ich z.B. die Zweier bei 0:40. Beide Figuren profilig und halb abgeschnitten und in der Mitte nen gigantischen, uninteressanten Leerraum. Würde der Fokus in dieser Einstellung auf dem Hintergrund liegen, wäre es eine andere Kiste, aber im Endeffekt liegt die Aufmerksamkeit hier bei den Darstellern und es wirkt als hättet ihr mit dem Rücken an der Wand gestanden und nicht weitwinkliger gehen können. In diesem Fall hättet ihr die Darsteller einfach zwei Schritte weiter von der Kamera wegstellen können. Das wäre niemandem aufgefallen und hätte um einiges ausgewogener ausgesehen.
-Der Schnitt war solide, die Übergänge zwischen den einzelnen Bildern haben mir auch sehr gut gefallen.
-Zu den Schauspielern sage ich im Normalfall recht wenig, weil es meistens unfair ist, in unserer Liga diesen Aspekt zu kritisieren. Allerdings muss ich sagen, dass beide das ganz gut gemacht haben und nicht sonderlich negativ herrausstechen.
-Auf den Ton möchte ich auch gerne noch kurz eingehen. Der war ebenfalls solide, allerdings hättet ihr in dem Cafe versuchen können, mit dem Mikro noch näher an die Darsteller ranzugehen. Es war sehr verhallt und teilweise sogar schwer verständlich. Ich wahr nicht dabei, und weiß nicht, wie die Vorraussetzungen waren und weiß auch, wie schwer solche Situaionen und Räumlichkeiten sein können, aber rein vom Höreindruck her würde ich behaupten, dass da noch Luft war. Da kommts wirklich schon auf wenige Centimeter an. Der Vorleser wiederrum war gut gelungen.
-Die Story ist geschmackssache. Sehr gut hat mir gefallen, dass ihr das ganze schön zügig durchgezogen und auf den Punkt gebracht habt. Keine überflüssigen Dialoge, Figuren, Schauplätze etc. Einfach nur eine Geschichte und den Film als Medium um sie zu transportieren. So wies sein soll. Allerdings muss ich zugeben, dass ich sie nicht ganz verstanden habe und nur das Zitat am Ende ein wenig Klarheit bringt. Allerdings muss ein Film alleinstehend Sinn ergeben. Ich frage mich im Endeffekt, was das soll, bzw. was ihr eigentlich erzählen wolltet. Geht es um das Mädchen? Um den Soldaten? Um den Jungen auf der Straße? Um das Erzählen der Geschichte? Ich weiß es nicht. Eine eindeutige erzählerische Fokussierung hätte den Film enorm aufgewertet.
Zitate sollten dann nur noch dazu dienen, dem bereits Gesehenen, und Verstandenen zusätzliche Aspekte abzugewinnen und die Denkrichtung des Zuschauers durcheinanderzubringen, ihn zu einer Neuorientierung seiner eigenen Interpretation zu zwingen, ohne ihm alles vorzukauen.
-Die Musik war nettes Underscoring, ohne großartig neue Ideen. Gehört, geschluckt, vergessen. Srry.
Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass ich, erst nachdem ich die Inhaltsangabe gelesen habe, erkannt habe in welche Richtung ihr wolltet, was euch meiner Meinung nach nicht gelungen ist.
Ich komme zu einem Fazit, dass ich im Amateurfilmforum sehr ungerne ziehe.
Der Wille ist da, man merkt, dass ihr einen tollen, wirkenden Film im Kopf ablaufen habt, aber leider scheitert es an der technischen Umsetzung sowie einer inhaltlichen Orientierungslosigkeit.
Einigen mag das unfair erscheinen, aber ich versuche, dieses Fazit noch einmal zu erörtern. Damit ein solcher Film wirklich berührt braucht ihr aussagekräftige und technisch saubere Bilder, sowie gute Schauspieler und eine noch präziseren Regie. Mir hat ein deutlicher Erzählfokus gefehlt. Ich bin der Meinung, ihr hättet mit dem exakt selben Drehbuch einen um einiges deutlicheren und aussagekräftigeren Film drehen können, wenn ihr euch mehr Gedanken über die Orientierung und die Aussage eurer Geschichte gemacht hättet.
MFG