Lieber Lierov,
die Tatsache, dass nichtmal 1/3 aller szenischen Kurzfilme hier die von mir genannte "Faustregel" beachten, sollte doch kein Ansporn sein, sie konkret zu ignorieren - im Gegenteil: Wenn es schon reicht sich mit ein paar Hintergrundgedanken von 2/3 der hier vorgestellten Filme abzuheben, dann ist das doch ein extrem simples Alleinstellungsmerkmal. Ich verstehe nicht, warum man sich da schon wieder auf "Ich bin doch ein Amateur, also sei still!" berufen muss - es ist ein einfacher Tipp, der - so sagst du ja selbst - viel bewirken kann. Sollte dich hingegen meine Formulierung stören, dann ersetze doch einfach das "
muss" mit einem "
solltest" .. das es im Film keine wirklichen Regeln, sondern eher nur Leitlinien gibt, welche letztendlich eh nur zum brechen geschaffen wurden,
muss .. tschuldigung .. sollte einem klar sein.
Ich gebe jetzt trotzdem mal
ein kleines Beispiel, um meine Intention etwas besser zu verstehen:
- Unser Kurzfilm spielt z.B. kurz nach einem Krieg und der besagte Protagonist versteckt sich mit seiner Familie im Wald. Er geht Holzsammeln um seine kranke und frierende Tochter warmhalten zu können, während diese bei ihrer Mutter antwortet. Beim Holzsammeln bemerkt er plötzlich die beiden anderen Männer, die den besagten Mord begehen wollen. Wie wird er reagieren? Wahrscheinlich wird er schweren Herzens versuchen, den Mord unbemerkt geschehen zu lassen um so schnell wie möglich zu seiner Familie zurück zu kehren. Das Problem: Die Mörder haben ihn gesehen, wollen ihn konfrontieren und zu seinem Lager .. und zack, wir haben einen interessanten Konflikt: Der Mann muss sich irgendetwas einfallen lassen um die beiden Mörder - für die man auch eine Hintergrundgeschichte erschaffen sollte, um ihnen auch noch ein interessantes Ziel zu geben: z.B. sie machen das wirklich nur zum Spaß oder aus Paranoia - nicht zur Familie zu bringen und nebenbei auch sein eigenes Leben zu behalten.
- Ein anderer Hintergrund wäre, dass wir uns im "heute" befinden und der Mann wirklich nur Holzsammeln will ums in seiner Bude warm zu haben. Wenn der Charakter etwas neugierig ist, dann wird er natürlich versuchen, den Mord entweder zu verhindern oder zumindest die Täter zu ertappen. Vielleicht ist der Charakter aber auch etwas sadistisch und will endlich mal einen realen Mord miterleben, nur um am Ende selbst in die Falle zu geraten und die Mörder vielleicht am Ende des Kurzfilms selbst sadistisch zu ermorden.
Ich hoffe jetzt ist klar, warum die Hintergrundgeschichte in meinen Augen so wichtig ist: Wenn ich weiß, wer mein Charakter ist, dann kann ich auch viel interessantere Szenarien schaffen als nur ein .. Der Protagonist ist da, plötzlich passiert ein Mord, mist. Das gibt der Story zum einen Tiefe und zum anderen Dynamik, denn kennst du deine Figuren, weißt du wie sie organisch handeln werden und schon fühlt sich der Kurzfilm echt(er) und nicht (so) gestellt an.
Die Idee von dir, ActionHunter, funktioniert natürlich genausogut. Hauptsache du weißt, wer dein Charakter ist und was er will.
..und klar, für einen Anfänger ist es nicht einfach ins Drehbuchschreiben zu kommen - diese Schwierigkeiten habe ich selbst mit einem ziemlich ausführlichen Beispiel beschrieben. Trotzdem muss man sich hin und wieder in Situationen bringen, die einem schwer Fallen, um daran zu wachsen. Man kann 100 Kurzfilme machen und sich bei jeden nur minimal steigern oder einen richtig durchdachten, dabei 100 Fehler machen, und beim zweiten Projekt dann sehr viel weiter sein.
Und letztlich
zum Thema: "...warum gibst du überhaupt noch Kritik?":
Weil es mir hilft meine Kurzfilme zu verbessern und weil es ActionHunter hilft, seine zu verbessern. Ja, ich hab' geschrieben, dass ich keine Kritik mehr geben werde wenn er ständig das gleiche macht. Er hat sich verbessert, Kritik angewendet und plant jetzt ein durchdachtes Projekt: In meinen Augen also ein guter Zeitpunkt ActionHunter zu unterstützen. Nebenbei sind wir hier übrigens im Amateurfilm-Forum und nicht in einer Anwaltskanzlei: Nur weil ich vor Wochen mal was gesagt habe heißt das nicht, dass ich darauf einen Eid geschwohren habe und man mich jetzt mit Freiheitsstrafe wegstecken muss
.. soll.
Gefällt dir meine Kritik nicht, denkst du ich gebe "zu viel" Kritik? .. Das wird wohl jetzt erstmal weiterhin dein Problem bleiben. Ich bin hier um zu Helfen .. bisher ist meine Hilfe immernoch erwünscht und sollte sie das irgendwann nichtmehr sein, na dann werde ich mir die Mühe natürlich spaaren. Letztlich ist das - zumindest in diesem Fall - aber nicht deine, sondern ActionHunter Entscheidung.