Kamera
Die Kamera ist das „Auge“ deines Zuschauers. In einem Film ist sie das wichtigste Element, das dir zur Verfügung steht, um deine Geschichte zu erzählen. Für einen Film sind also vorallem Geschichten geeignet, die sich durch Bilder gut erzählen lassen. Natürlich sollten das nicht irgendwelche Bilder sein, sondern diejenigen, die deine Geschichte am besten erzählen. Und deswegen setzt du dich auch bereits vor dem Dreh damit auseinander, wie dein Film aussehen soll.
Aber erst die Theorie: Man unterscheidet beim Film verschiedene Einstellungen und Kamerawinkel:
Die Einstellungstypen
Totale / Establishing-Shot
Eine Totale Einstellung wird häufig gebraucht, um eine Szene einzuleiten. Sie ist vor allem auf den Drehort selbst fixiert und zeigt einen „Überblick“. Wichtige Details oder Emotionen gehen oft total verloren. In dieser Einstellung passieren also nicht wirklich Handlungen, sondern viel mehr eine Orientierung für den Zuschauer.
Halb-totale / Total-Shot
Die Halbtotale ist schon etwas deutlich auf eine Figur/ ein Objekt gerichtet und zeigt diese komplett von Kopf bis Fuss. Der Hintergrund wird unwichtiger, die Figuren werden wichtiger. Emotional ist dies immer noch relativ neutral und lässt den Zuschauer etwas genauer hinschauen, aber nicht mehr. Emotional passiert hier also weiterhin nicht viel. Genutzt wird sie oft bei Gängen von A nach B oder grossen Bewegungen.
Halbnahe / Normale / Normal-Shot
Die „Normale“ Einstellung ist der Standard. Normalerweise geht sie von der Hüfte bis zum Kopf. Sie fokussiert deutlich mehr auf die Figuren und lässt den Zuschauer auch emotional mehr am Geschehen teilhaben, da man bereits gut Gefühle von den Gesichtern und der Körpersprache ablesen kann. Die meisten Szenen bewegen sich in diesem Rahmen und gehen selten weiter weg – es sei denn, eine Neu-Orientierung ist nötig.
Gross / Close-Up
Der Closeup wird verwendet, um dem Zuschauer Emotionen zu zeigen. Diese Einstellung weist deutlich auf ein Detail hin, zB ein Gesichtsausruck, ein Gefühl, eine Handlung etc. Sie ist stark fokussiert und hat dramaturgisch viel Gewicht. Wenn also etwas gesagt wird, was wichtig ist oder emotional etwas passiert, was relevant ist, wird diese Einstellung verwendet.
Detail / Extreme Nahe / Extreme Close-Up
Diese Variante ist die extreme Version eines Closeups. Es wird überdeutlich, dass ein bestimmtes Detail sehr wichtig ist. Diese Einstellung wird nur dann verwendet, wenn etwas wirklich absolut dramaturgisch wesentlich oder ein kleines Detail ist. Diese Einstellung wird für Details verwendet, von denen man unbedingt will, dass der Zuschauer sie mitbekommt.
POV / Point of View / Ego-Perspektive
Diese Sondereinstellung zeigt etwas direkt aus dem Blinkwinkel einer Figur. Man will also nicht nur einfach zeigen, was die Person sieht, sondern den Zuschauer auch in ihre Situation bringen. Der Zuschauer wird in dieser Einstellung also vom Beobachter zum Teilnehmer der Situation. Dies sollte man auch entsprechend gezielt einsetzen.
Schultereinstellung / Overshoulder
Hier dreht man, oft bei Gesprächen, über die Schulter des Gesprächspartners, sodass dieser noch angeschnitten zu sehen ist. Diese Einstellung ist typisch für einfach Gespräche zwischen zwei Menschen. Man sagt damit aber auch, der eine ist momentan nicht so wichtig wie der andere. Gleichzeitig sagt man auch, der Gesprächspartner ist aber doch wichtig genug, um immer noch in der Einstellung drin zu sein. Man hätte ihn ja auch ganz weglassen können – bei ganz wichtigen, dramatischen Sätzen, wird dies dann auch oft getan.
Kadrierungen
Es gibt Regeln dafür, was eine gute ("gut" heisst hier angenehm, leicht entschlüsseln) Einstellung ist und was für Merkmale diese zu erfüllen hat. Wie man ein Bild aufbaut, nennt man „Kadrierung“. Eine weit verbreitete At und Weise die sogenannte „Rule of thirds“ (Drittelsregel):
Das Bild wird dabei sowohl horizontal wie vertikal in Drittel aufgeteilt. Dies ergibt ein Gitter mit 9 Elementen. Eine Bildkomposition wird nun so gewählt, dass sich möglichst viele Objekte innerhalb dieser Flächen befinden, oder die Linien bestimmte Bereiche abgrenzen (Zum Beispiel die Augen des Schauspielers, der Kopf einer Schauspielerin, das Dach eines Autos etc)
Auf diese Weise wird dem Zuschauer das Betrachten des Bilder erleichtert. Grundsätzlich ist ein Bild ein Informationsträger, der zuerst vom Gehirn entziffert werden muss. Je einfacher dies geht, desto „besser“ ist das Bild aufgebaut.
Das erste, was sich ein Mensch anschaut, wenn er auf das Foto einer Person blickt, ist das Gesicht bzw die Augen. Nun sollte man eben genau diese Partien von Interesse nicht in der Mitte des Bilder platzieren, sondern auf den bei der Drittelsteilung entstandenen Linien und Partien. Dadurch wird das Bild spannender und interessanter.
Ein weiterer, sehr wichtiger Punkt ist die möglichst klare Trennung von Vordergrund und Hintergrund. Dies kann mit verschiedenen Mitteln erzielt werden, wie zB
- Der Hintergrund hat eine völlig andere Farbe
- Der Hintergrund hat eine andere Struktur
- Der Hintergrund ist heller/dunkler als der Vordergrund.
- Der Hintergrund ist unscharf
Die „Achse“
Der „Achsenbruch“ ist der häufigste Fehler von Ameteurfilmern. Man kann seine Kamera nämlich nicht irgendwo platzieren, sondern nur nach bestimmten Regeln. Einfach gesagt, geht die Regel so: Für jede Figur muss eine 2dimensionaler Blickrichtung etabliert werden, die sich während der Szene nicht verändern darf.
Nehmen wir als Beispiel die Einstellungen hier. Wir haben nun definiert, dass beide Personen nach rechts gehen. Jede Einstellung, die den älteren Mann zeigt, wie er den jüngeren anschaut, wird ihn also zeigen müssen, wie er nach rechts blickt. Wenn der jüngere Mann ihn anschauen will, wird er sich umdrehen und nach links blicken müssen. Die folgenden beiden Einstellungen behalten diese Blickrichtung bei. Obwohl in beiden Einstellungen nur einer der beiden Gesprächspartner zu sehen ist, bleibt klar, dass sie sich anschauen.
Die Kamera darf also nur so platziert werden, dass sich die Blickrichtung nicht ändert, damit beide auf der gleichen „Achse“ bleiben. Die blaue Seite ist okay, die gelbe nicht.
Entsprechend komplexer wird das ganze, wenn mehrere Personen involviert sind.
Wo auch immer ich nun also die Kamera hinstelle, diese Blickrichtungen dürften nicht mehr geänader werden.
Einzige Ausnahme: Das Kreuzen. Wenn ich die Achse wechseln will, dann brauche ich eine Einstellung, die so choreografiert ist, dass man explizit sieht, wie die Schauspieler die Achse wechseln (Also einer der Spieler vor einer anderen durchgeht).