Hallo auch von mir & auch bei mir zu allererst der Hinweis, dass ich dir keine rechtlich abgesicherten Antworten geben kann, sondern nur aus eigener Erfahrung und vom Hörensagen her antworten kann.
@Kommerziell...
Also weder Crowdfunding noch Auszeichnungen auf Festivals sind kommerziell. Eine kommerzielle Auswertung findet statt, wenn dein Film eine Vermarktung erfährt, sprich, wenn du DVD's verkaufst, wenn er im Kino anläuft oder wenn er eine Fernsehauswertung erfährt. Heißt, kommerziell = gewinnorientiert.
@Mindestlohn...
Das ist ein echt schwieriges Thema. Was wir inzwischen machen - und damit sind wir auf einer rechtlich sauberen Basis - wir bieten den Leuten, denen wir Mindestlohn zahlen müssten, diesen an und die schreiben uns eine Verzichterklärung. Dh. wir sind aus dem Schneider. Wer da nicht einverstanden ist und bezahlt werden will, der muss entweder bezahlt werden, oder man muss einen anderen finden.
Rückstellungsverträge sind meines Wissens tatsächlich ungültig geworden - zumindest bei uns sind sie nicht mehr erlaubt.
Ich denke aber auch, dass hier vieles von der Stufe der Professionalität abhängig ist. Wenn du mehr oder weniger eine Spaßveranstaltung frei nach dem Motto "drehen wir doch mal ein Filmchen" machst, dann wird da niemand auf die Idee kommen, dass da MiLo gezahlt werden muss. Sobald es aber ein gewisses Maß an Professionalität erreicht - und meiner Meinung nach fängt sowas dann an, wenn du Leuten Handlungsanweisungen gibst, also auch, wenn es Dispos gibt, dann wird es schwierig.
@Arbeitszeiten...
Das sehe ich etwas anders als Selon. Egal ob bezahlt oder nicht bezahlt, wenn es nicht der "wir kommen & gehen wann wir wollen"-Amateurfilm ist, dann gelten da im Filmbusiness klare Regeln. Ein Drehtag hat 10 Stunden + 1 Stunde Pause. Ein Drehtag darf bis 13 Stunden + 1 Stunde Pause erweitert werden, wenn gewisse Vorkommnisse gegeben sind (da geht es um Fremdeinwirkung, Motive, ect.). Alles was über 13 Stunden geht, ist meines Wissens nicht zulässig oder wenn es zulässig ist, dann nur unter gewissen Auflagen, die ich nicht kenne. Wichtiger als die Arbeitszeiten sind aber die Ruhezeiten, weil die sind unantastbar. Ab Arbeitsende bis Arbeitsbeginn müssen 11 Stunden Ruhezeit gewährt werden, bei längeren Drehtagen über 10 Stunden müssen dann schon 12 Stunden Ruhezeit eingehalten werden.
@Schauspieler / Agentur...
Auch das sehe ich anders als Selon. Wir arbeiten nicht selten mit Schauspielern von Agenturen, auch wenn es zugegebenermaßen oft schwierig ist an die ranzukommen. Wenn du einen Schauspieler hast, der von einer Agentur vertreten wird, dann bringt es kaum etwas, den persönlich anzuschreiben, weil das dann eh wieder durch die Agentur läuft. Wenn du einen hast, den du super findest, dann nimm mit der Agentur / dem Darsteller Kontakt auf, schicke eine gute Projektskizze / Expose / Drehbuch und wenn das überzeugend ist, dann wird das auch funktionieren. Fakt ist aber, dass es in Sachen Unbezahlt über eine Agentur sehr problematisch wird!
@Arbeitsschutz...
Großes Thema, aber Selon hat das auf den Punkt gebracht.
Hier ist einfach wichtig, dass man sich nicht überschätzen darf. Da spielt auch das Thema Arbeitszeit wieder eine Rolle. Wer nach 15 Stunden am Set noch einen großen Lichtumbau machen soll, der wird da eine größere Fehlerquote haben... und wer dann nach 16 Stunden noch ein KFZ bewegen muss, ... naja...
Auch Manpower spielt da eine Rolle. Wenn du im Wald mit Generator und 10 Lampen und 500m Kabel und Pipapo rumeierst, dann kann das halt nicht eine Person alleine leisten.
Wichtig ist, dass die Leute, die mit dem Kram umgehen müssen, dass auch können. Wenn ich lese, dass ein Generator im Wasser steht oder das eine Lampe auf den Kameraassi fällt, dann kann ich nur sagen, der Oberbeleuchter und seine Lichtleute, die gehören überall hin, nur nicht an ein Set, weil die haben da ganz sehr was falsch gemacht.
Auch eine Aufnahmeleitung hat dafür zu sorgen, dass Sets sicher sind. Da geht es um Arbeitswege / Fluchtwege ect.
@Verträge...
Da kenne ich mich überhaupt nicht aus. Motivverträge sind wichtig, Drehgenehmigungen... Mit Kindern ist immer ein riesiger Aufwand... Fakt ist, dass die Vorproduktion in dieser Sache sehr viel Vorlauf braucht, weil du einiges bei der Stadt / dem Land ect. schon mehrere Wochen bis Monate vorher anmelden und genehmigen lassen musst. Was da aber alles zu tun ist, da musst du mal mit einem Produktionsleiter sprechen, die kennen sich da aus.
@Budget...
Da hat Selon im Prinzip auch recht, aber oft ist es ja genau andersherum... Du hast eine Summe, die du weißt und dann schaust du, wie du die verteilst.
Budgetgeschichten sind häufig auch Erfahrungswerte. Das ist dann auch wieder so eine Sache, wo es wichtig ist, ein gutes Team zu haben, wo dir gewisse Leute sagen können, was sie brauchen und was das voraussichtlich kostet. Ich als Kameramensch / Oberbeleuchter / Beleuchter kann dir sagen, was ich für dies oder jenes brauchen würde und was das dich pro Drehtag kostet.
Wichtig ist, denke ich, dass du bei einer Kalkulation weißt, was du vor hast und anhand dessen kannst du vieles einschätzen. Es ist ja ein Unterschied, ob du mit 5 Leuten am Set stehst oder mit 50. Genauso ist es ein Unterschied, ob du mit ner Spiegelreflex und 2 Lampen drehst oder mit ner Alexa, nem Magnumdolly und nem LKW voller Licht.
Wichtig ist auch an die vielen Kleinigkeiten zu denken, die sich da immer ansammeln, weil die übersieht man gern.
@Crew...
Ich kenne mehrere Masken, darunter auch eine oder zwei VFX-Masken, dh. die können dir ganze Menschen als Dummy nachbauen. Das Problem ist, ich hatte noch nie einen Dreh, wo die Maske unbezahlt war... Ich glaub das gibt es nicht.
@Planung...
Also ich weiß nicht, wie Selon seine Filme dreht, aber 25 bis 30 Einstellungen pro Drehtag halte ich für gewaltigen Unsinn. Man rechnet beim Kinofilm mit 30Sekunden bis 1min30sek pro Drehtag. Beim Fernsehen rechnet man mit 4min bis 6min pro Drehtag, da hast du dann wenn es mal richtig hoch kommt 25 bis 30 Einstellungen, aber da hast du auch Teams, die sind so gut eingespielt, dass das zu machen ist. Außerdem kommt da hinzu, dass man recht schnell und simpel arbeitet, weil da produzierst du ja für den kleinen Bildschirm und nicht für die Leinwand.
Meine Faustregel ist, nicht mehr als 15 Einstellungen pro Drehtag. Nun muss man einschätzen können, wie aufwendig eine Einstellung wird, wie viel Umbau da gemacht werden muss, wie szenisch aufwendig die ist, wie technisch aufwendig die ist, ect. Kann auch mal sein, dass du nur 1 oder 2 Einstellungen an einem Tag schaffst. Auch hier ist es einfach komplett vom Team, dem Cast und deiner Vision abhängig.
Auf- und Abbauten hängen davon ab, was man vor hat, das kann länger und weniger lange dauern.
@Sollte ich all das rechtlich-/finanzielle nicht lieber jemandem überlassen, der sich damit auskennt?
Das kommt auf das Projekt an und wo du damit hin willst. Ich bin grundlegend der Meinung ein Regisseur sollte sich nicht mit der Produktion beschäftigen müssen.
Wenn das Projekt aufwendiger wird, dann beantworte ich die Frage ganz klar mit "Ja!".