Beim Schreiben der Dialoge ist es wichtig, die Positionen der beiden Personen genau zu kennen. Dann musst du dich bei jedem Satz in die Lage der jeweiligen Person hinein versetzen und dich fragen: Wenn ich die Position von A vertreten würde, wie würde ich B versuchen zu überzeugen? Was sind die Eckpunkte seiner Position? Welches Argument steckt in dem, was er gerade gesagt hat? Wie kann ich es widerlegen? Warum denkt B so? Was will er mir zwischen den Zeilen sagen?
Ich finde bei guten Streitgesprächen kommt es darauf an, dass man sich nicht versucht, das direkt Gesagte anzugreifen, sondern dass, was unterschwellig damit gesagt wird. Das, was dahinter steckt. Das schafft Tempo und ist interessanter.
Ein Beispiel:
Eine Ehefrau ist eifersüchtig auf die neue, heiße Sekretärin ihres Mannes und vermutet, dass ihr man sie betrügt. Beim Abendessen kommt es zum Gespräch.
Sie: "Na, heute mal wieder Überstunden gemacht?"
Er: "Ja, wir hatten viel Arbeit."
Sie: "Und deine Sekretärin, war sie auch da?"
Er: "Natürlich war sie da, sie ist schließlich meine Sekretärin."
Sie: "Und ich bin deine Ehefrau."
Er: "Ja und? Glaubst du denn, das weiß ich nicht?"
Sie "Manchmal scheinst du zu vergessen, dass du verheiratet bist."
Er: "Was meinst du damit?"
Sie: "Ach, das weißt du doch genau!"
Das Gespräch ist ziemlich klischeehaft und oberflächlich, weil beide aneinander vorbei reden.
Versuchen wir es also nochmal, indem wir die Antworten der Figuren nicht auf das Gesagte, sondern auf das beziehen, was dahinter steckt:
Sie: "Na, heute mal wieder Überstunden gemacht?"
Was hinter diesem Satz steckt ist, dass sie dem Mann offenbar nicht glaubt, dass er wirklich Überstunden macht und unglücklich darüber ist, dass er so wenig Zuhause ist. Anstatt dass der Mann sich also damit aufhält, tatsächlich darauf zu antworten, warum er so lange im Büro war, ist es interessanter, wenn er sofort dazu übergeht, den Subkontext anzugreifen. Er denkt sich vielleicht: "Ich arbeite hart und sie macht mir auch noch Vorwürfe und unterstellt mir, dass ich sie belüge!" Es könnte also beispielsweise weitergehen mit:
Er: "Dein ganzer Schmuck muss schließlich bezahlt werden."
Die Frau denkt sich: "Aha! Jetzt tut er auch noch so, als würde er das alles für mich tun! Er glaubt tatsächlich, dass ich nichts von seiner Affaire weiß.". Anstatt sich also wegen des Schmucks zu rechtfertigen, lenkt sie das Gespräch zurück auf ihr Anliegen, ihn mit ihrem Verdacht zu konfrontieren.
Sie: "Sicher, dass der Schmuck für mich ist?
Damit bleibt die Frau in der Offensive und der Mann versteht natürlich, worauf sie hier anspielt. Anstatt also dumm zu fragen: "Was meinst du denn damit?" bezieht sich seine nächste Antwort direkt auf den Vorwurf, der dahinter steckt.
Er: "Sicher, dass deine Eifersucht noch normal ist?"
Und so weiter. Außerdem finde ich es immer ganz schön, wenn die Antwort von A ein Wort o.ä. des letzten Satzes von B aufgreift und darauf dann seinen Angriff aufbaut - im Englischen heißt das "repartee". Das wirkt bissiger und schlagkräftiger wie ich finde, ist aber natürlich Geschmackssache.
Wie auch immer, ich hoffe das Prinzip ist klar geworden und ich konnte dir helfen!