Hi Gerlinde,
erstmal willkommen im Forum! Super, dass du gerne Drehbücher schreibst
Ich habe mir mal dein Drehbuch zu "Das Weihnachtsgeschenk" durchgelesen, und dachte ich gebe dir mal ganz unverhofft meinen Senf dazu (auch wenn du nicht danach gefragt hast, kann es dir ja viellecht ein wenig helfen).
Was allen voran auffällt, ist die Art wie du deine Dialoge formulierst. Anfangs dachte ich, dass sie sehr hölzern klingen, zu unrealistisch und zu aufgesetzt. Gegen Ende hin hatte ich allerdings die Vermutung, dass dies vielleicht auch einfach der Stil ist, den du verfolgst. Ich weiß nicht, wie du dazu stehst ─ ob dieser Stil eine bewusste Entscheidung von dir ist, oder nicht ─ aber eigentlich ist dies keine besonders gern gesehen Art, Dialoge zu schreiben. Und das aus einem ganz einfachen Grund.
Alle Informationen und Handlungsstränge die du vermitteln möchtest werden in die Sätze deiner Protagonisten gepresst. Zum Beispiel gleich am Anfang:
"Aber bestimmt auch sehr teuer. Seit ich arbeitslos geworden bin ...". Hier raubst du deinem Drehbuch quasi alles, was das Medium Film überhaupt ausmacht: Du kannst Geschichten
zeigen, und musst sie nicht durch gesprochene Worte erzählen.
Warum zeigst du dem Zuschauer also nicht, dass Heinz und Jutta arbeitslos sind, statt es sie einfach sagen zu lassen? Schließlich wissen die beiden ja ganz genau, dass sie zur Zeit keine Arbeit haben und reden mit Sicherheit nicht zum ersten Mal darüber. Ich persönlich hätte an der Stelle von Heinz gar keine Lust, über dieses Thema zu reden, es "schon wieder durchzukauen". Vielleicht macht sich Heinz ja Vorwürfe, dass er Jutta nicht das Leben bieten kann, das sie verdient. Vielleicht würde er also Jutta am Juwelierladen vorbeiziehen, gar nicht erst stehen bleiben wollen, in der Hoffnung, nicht schon wieder mit dem Thema der Arbeitslosigkeit und der Geldsorgen konfrontiert zu werden. Genau solche Reibungen und Konflikte machen ein Drehbuch und eine Geschichte überhaupt erst spannend.
So wie deine Geschichte jetzt geschrieben ist, kaust du dem Zuschauer allerdings leider alles vor. Ein klischeebehaftetes Bild vor einem Juwelierladen, danach direkt das Gespräch über Arbeitslosigkeit und
danach direkt der Wink mit dem Zaunpfahl auf die wertvolle Uhr von Heinz. Du hast relativ platt die wichtigsten Punkte der Geschichte bereits auf der ersten Seite vollkommen offenbart. Ab dem Punkt weiß man also schon, wohin das Ganze führt ─ und die Spannung ist futsch. Der Twist mit dem Verkäufer ist hingegen interessant und haucht der Geschichte tatsächlich etwas Spannung und Besonderheit ein, wird allerdings überschattet von der leider relativ flachen Erzählstruktur.
Ich möchte dir jetzt gar nicht gleich nach deinem ersten Post hier mit meinen Anmerkungen vor den Kopf stoßen, sieh dies bitte als konstruktiv gemeinte Kritik meinerseits an. Ich finde du machst vieles sehr gut, fängt bei der korrekten Formatierung und einer eigentlich tollen Ausdrucksweise schon an. Allerdings sind es meiner Meinung nach die Struktur und vor allem die Dialoge, die deinem Drehbuch den Wind aus den Segeln nehmen. Sicher, ein theatralisch bzw. befremdlich klingelnder Dialog kann auch etwas Faszinierendes an sich haben, aber dennoch solltest du nicht alle Handlungen, Gedanken und Twists in gesprochenen Worten ausformulieren. Nutze also beim nächsten Mal die Chancen, die dir mit dem Medium Film gegeben sind