Dein Film erinnert mich an Film Noir, was ich toll finde, denn ich liebe das Genre. Ich finde du hast das mit dem Licht gut hinbekommen.
Allerdings finde ich die Kamera zu unruhig und gleichzeitig zu starr.
Unruhig, weil du zu viele Einstellungswechsel drin hast. Allein für die Szene, in der er im Sessel sitzt, hast du 6(!) verschiedene Einstellungen gemacht. Das ist unnötig und für Film Noir übrigens auch nicht üblich. In den klassischen Streifen der 1940er waren Einstellungswechsel schon allein wegen der schweren Kamera auf ein Minimum beschränkt, aber auch in heutigen Neo Noir Filmen wie "Drive" oder "No Country For Old Men" findet man das wieder. Das ist ein Stilmittel das Spannung aufbaut, eine melancholische "Ruhe vor dem Sturm" erzeugt und den Schauspielern im übrigen Gelegenheit gibt, sich Zeit beim Spielen zu lassen und durch Mimik und Körpersprache ihren Charakter in langen Einstellungen ohne Schnitt zu entwickeln. Richtig eingesetzt, trägt das entscheidend zur Atmosphäre bei.
Zu starr, weil du die Kamera nicht geschenkt oder sonst wie bewegt hast. Zum Beispiel ab 2:38. Wieso bleibst du mit der Kamera nicht auf der Hand, bzw. der Flasche? Oder warum schwenkst du nicht mit, wenn der Mann durch die Wohnung geht? Wenn du den Mann durch einen Schwenk einfach im Bild halten würdest, dann bräuchtest du auch nicht so endlos viele Einstellungen.
Weiterhin fand ich die Musik am Anfang, wo der Text (die Schriftart gefällt mir auch nicht sonderlich) eingeblendet wird, absolut unpassend. Das war so ein Standard-Action-Filmchen-Mist. Bei so einem Genre nimmt man was ruhiges, elegantes. Jazz z.B., wie in Taxi Driver.
Und du musst ganz dringend lernen zwischen Aktion und Handlung zu unterscheiden. Eine Aktion kann alles sein. Nehmen wir ein Beispiel aus deinem Film: Der Typ nimmt ein Buch aus dem Regal. Das ist eine Aktion, er tut etwas. Nur Aktionen allein sind nichts wert, wenn sie nicht durch den Kontext zu einer Handlung werden. Eine Handlung ist nämlich eine Aktion, die die Story vorantreibt oder für diese relevant ist. Eine Story besteht also aus einer Reihe von Handlungen. Aber ein Reihe von schlichten Aktionen, ohne Bedeutung, ist keine Story. Es ist einfach langweilig. Und genau das ist das Problem in deinem Film. Deshalb empfinden meine Vorredner ihn als zäh. Es sind eine Reihe von Aktionen, die aber keinen Wert haben, weil sich im Grunde nichts verändert. Etwas anderes wäre es, wenn wir wüssten, dass das Buch, was der Typ da aus dem Regal holt und liest, das Tagebuch des Mannes, in dessen Wohnung er sich befindet. Durch die Aktion würde er also persönliche Geheimnisse über den Mann herausfinden, mit denen er ihn dann am Schluss konfrontieren könnte. So wäre die einfache Aktion "Buch-aus-dem-Regal-nehmen" zu einer Handlung geworden. Wenn du aber merkst, dass die Dinge die jemand in einer Szene macht, eigentlich keine Relevanz für die Story haben, dann schmeiß sie raus.
Und die Pointe am Schluss wurde durch den Titel natürlich schon arg in ihrer Schlagkraft gedämpft. Ich würde den Titel also ändern.
Aber wie gesagt fand ich den Look gut und ich finde es auch schön, dass du dich an dieses Genre wagst. Führe das Projekt auf jeden Fall weiter - bis auf meine Kritikpunkte sah es vielversprechend aus!