Tolles Genre, aber man muss es auch richtig machen.
Das fängt schon 1. bei der Länge des Films an. Dieser ist 20 Minuten lang und damit - gerade auch durch das langsame und zugleich beruhigende Erzähltempo, das diesem Genre innewohnt - viel zu kurz, um es dem Zuschauer zu gestatten, sich mit dem Protagonisten zu identifizeren und seinen Platz in der Geschichte zu finden.
Ein Stichwort für 2.: Ihr dürft euch ruhig die Zeit nehmen für die Einführung. Fehlt diese, weiß ich als Zuschauer erstens nicht, wer er ist, zweitens all die restlichen W-Fragen auf den Protagonisten bezogen und drittens ist es mir dadurch beinahe völlig egal, was in seinem Haus vor sich geht. Ohne Identifikation funktionieren Filme einfach nicht und das ist eine der größten Hürden beim Filmemachen. Scheitert dies, scheitert der Film!
3. ist nur eine handelnde Person (Geister außen vor gelassen) für meinen Geschmack zu wenig. Ich will nicht sagen, zwangsläufig, aber Ihr habt mich auch nicht eines Anderen belehrt - fand das eher öde mit der Dauer. Interessant wäre gewesen, hätte der ältere Herr eine Vorgeschichte als Grund für seine scheinbare Einsamkeit und wäre mit seiner Kamera (natürlich aus Ego-Perspektive) in die Öffentlichkeit gegangen, Reaktionen von Leuten gefilmt, mit denen er über die Vorgänge bei sich zu Hause spricht etc... einfach mal den Ideen freien Lauf lassen und ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren. Möchte Euch nicht entmutigen, nur neue Anreize geben. Kosten tun solche Projekte ja glücklicherweise kaum was. Nur viele gute Gedanken (je nach Anspruch/Erwartung).
Ausgehend von meinem kleinen Beispiel aus Drei könntet Ihr 4. eine Isolation aufbauen bzw. rechtfertigen, in welcher der Protagonist nun keine Hilfe mehr von irgendjemanden erwarten kann. Das darf aber erst später kommen. Um nochmal ehrlich zu sein: So etwas ist nicht mein Geschmack; die Hoffnungs- und/oder Gleichgültigkeit (wie geschrieben, nur ein Beispiel)...
Schwach und zugleich mit einem Funken Potenzial war 5. das Verschwinden bzw. Wiederauffinden der Tele-Optik ausgeführt: "Ich hab' ne ganz düstere Vermutung." und jaaa, natürlich findet er sie unter den Handtüchern (?)... wurden die vorher verschwundenen Gegenstände auch dort wieder aufgefunden?
Hört Euch an dieser Stelle den Monolog nochmal genau an - der reinste Horror.
Sehr ausbaufähig hingegen das Aufbauen einer Verbindung zu vorigen Stellen im Film, als der Mann nämlich das Standbild zeigt. So etwas vernetzt, erhöht die Stabilität der Geschichte und macht sie glaubhafter.
Zu den eher technischen Aspekten lässt sich 6. sagen, dass die schauspielerische bzw. dramaturgische Leistung sehr milde ausfällt. Ich hatte beim Sehen des Films nicht das Gefühl, der Hausbesitzer befände sich wirklich in dieser Situation. Ob seine Angst nun dramaturgisch vorgesehen war oder der Schauspieler es einfach so nicht darstellen konnte, weiß ich nicht, aber ersichtlich wird, dass die Dramaturgie im Allgemeinen keine Dynamik bot. Ich sehe keine natürliche Entwicklung innerhalb seiner Umstände und keine natürlichen Reaktionen. So cool würde niemand reagieren. Und wer nicht vor Panik aus seinem Haus flüchtet, weil die Ereignisse paranormal sind, sein gesamtes Weltbild in sich zusammenkrachen lassen, der würde sich zumindest des Rationalen/der Erfahrungswerte bedienen und auf einfache Gründe wie kleine Spaßvögel schließen.
Unpassend und störend zu dem digital-perfekten Look der Kamera fand ich 7. die eingebauten Bildstörungen.
Auch hat mir 8. nicht gefallen, dass so viele Aufnahmen unerklärlich waren. Warum steht die Kamera (fast) immer auf einem Stativ, auch wenn er schläft? Das wurde in "Paranormal Activity" deutlich besser erklärt.
Dafür, dass ich 9. eine Abneigung gegen Breitbildformate habe (in den meisten Fällen), könnt Ihr ja nichts. Ich fühle mich durch diese schwarzen Balken einfach extrem beengt und die Lage scheint mir künstlich. Wie ein Kameramann, der seine Hände und Finger verformt, um zu kadrieren. 4:3 ist einfach etwas ausgewogener, näher an der Realität; für mich...
Eins muss Euch bewusst werden: Die Diskrepanz zwischen Eurem Erlebnis am Set (wie man im Making-Of auch an "ich krieg' Gänsehaut" sieht) und dem Erlebnis des Zuschauers beim Sehen des Films. Ich kann da aus Erfahrung berichten: Als ich mit einem Freund und seinem Bruder ein kleines Rap-Musikvideo nachts allein in unserer Schulaula gedreht hatte, kamen er und sein Bruder auf die geniale Idee, mir vorzugaukeln, der Vorhang auf der Bühne hätte sich ganz leicht bewegt. Ich habe das mehr oder weniger spaßeshalber gefilmt, rangezoomt an die angebliche Stelle und natürlich hatte das später am Computer nicht mehr die gleiche Wirkung. Der Grusel entsteht nun einmal im Kopf. Und ich glaube Euch, dass Ihr eine schaurige Stimmung zwischendurch hattet, aber das ist dann eher etwas persönliches für Euch - ich sitze hier ja vor dem Bildschirm in Sicherheit. Den Zuschauer richtig zu fangen und einzuwickeln ist ein unglaublich schwieriger Prozess, aber Ihr wart nicht mal nah dran.
Wenn das Licht plötzlich an und aus geht, sich der Stuhl bewegt oder tausend Türen (Klischee-Falle) zuknallen ist das zu offensichtlich. Versucht es lieber auf die subtile Art und Weise. Wie die Lampe während dem Hammond-Orgelspiel, die sich nur ganz leicht bewegt. Irgendeine Form von Dynamik schaffen. Wem's gefällt, der kann ja am Ende alle Geister aus der Kiste lassen, aber am Anfang steht die heile Welt. So die Vorlage. Ihr könnt es anders machen ("in meinem Haus ist was los, ich halte das vor der Kamera fest" als Anfang), dann aber bitte besser durchdacht.
Das wären so grob meine Punkte zum Film. Ich würde das Projekt wiederholen - die Ausgangsidee ist ja nicht schlecht - und anders (auch länger) ausführen. Oder meine Meinung ignorieren, ist ja Euer gutes Recht. ;-)
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »JanH« (9. März 2014, 05:01)