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Samstag, 28. August 2010, 23:09

Tutorial: Greenscreen Grundkenntnisse und Ausleuchtung

Was ist ein Greenscreen und wozu ist er da?
Der Greenscreen ist ein grüner Hintergrund in der RGB-Farbe (0,255,0), den der Computer
in der Nachbearbeitung ausblendet und durch einen anderen Hintergrund ersetzt.
(Eine Bluebox/Bluescreen ist dasselbe in RGB-Blau 0,0,255)
Dazu wird der Darsteller/Gegenstand im besten Fall vor einem Tuch/einer Wand aufgestellt.
Aber natürlich gehen auch generell andere homogene Farben, sogar Rot, weiß oder schwarz.
Nur wird es dann schwieriger, den Ausschneideprozess (auch Keying genannt) durchzuführen.
Warum das so ist, ist ganz einfach: Grün und Blau kommen im Körper so gut wie nicht vor und
die meisten Kameras haben mit Grün die wenigsten Probleme beim Farbrauschen.
Wenn man also etwas keyen will, sollte man die Kleidung und den späteren Hintergrund beachten.
Kleinere Keyingfehler vor grünem Hintergrund verschwinden eher, wenn der Hintergrund ein grüner Wald ist.
Was im Umkehrschluß auch heißt, daß man vor Bluescreen keine blaue Kleidung (z.B. BlueJeans)
oder vor Greenscreen z.B. keine grünen Klamotten tragen sollte, da diese später transparent werden.
Greenscreenstoffe laufen auch oft unter der bezeichnung Chroma-Stoff/-Grün/-Blau.
Ob ihr Euch für Bühnenmolton oder dünneren Stoff entscheidet, ist letzten Endes egal und eine Geldfrage.
Angeblich hatte ein bekanntes schwedisches Möbelhaus sogar einen ziemlich knallgrünen Stoff im Sortiment.
Um später am Computer ein optimales Keying-Ergebniss zu erzielen, sollte der Greenscreen möglichst homogen ausgeleuchtet werden.
Im folgenden rede ich vom Greenscreen, dasselbe ist aber auch auf andere Farben (Bluescreen, etc.) zu übertragen.
Früher gab es sog. Genlocks, das waren Hardware-Geräte, die das Keying übernommen haben,
heute wird das Keying jedoch meist am Computer in der Nachbearbeitung durchgeführt.
Ich gehe hier nicht auf die Programme ein, dazu gibt es genug Tutorials hier im Forum.
Programme wären z.B. Adobe Ultra, FX Home Vision Lab, Adobe AfterEffects, Blender, Adobe Premiere, u.v.m.



Um in der Nachbearbeitung möglichst saubere Ergebnisse zu erzielen,
ist es dringend vonnöten, schon beim Dreh auf eine gute Ausleuchtung zu achten.
Ansonsten kann man Stunden vor dem Computer mit fitzeliger Keyingarbeit verbringen.
Man sollte daher beim Dreh mit Greenscreen auf jeden Fall einen Kontrollmonitor am Start haben.
Dieser erleichtert es massiv, saubere Ergebnisse zu bekommen.
Alternativ kann man auch Adobe OnLocation am Laptop/Computer benutzen, dieses Programm zeigt grafisch an,
wie gut der Key steht, oder auch nicht. "Mal eben" was drehen ist nicht,
denn man braucht sehr viel Zeit und Geduld für eine gute Ausleuchtung. Aber es lohnt sich.
Denn die Aufnahmen sind schwerer zu keyen als auszuleuchten.
Fangen wir also an:



Ausleuchtung:
Der Greenscreen-Stoff sollte möglichst faltenfrei/straff aufgehängt werden (Kein Schattenwurf!)
Die Beleuchtung sollte möglichst gleichmäßig hinter dem Darsteller zu sehen sein.
Ob Eure Lampen dabei indirekt über die Decke oder direkt auf den Screen scheinen, ist egal, es muß nur gleichmäßig sein.
Lichtpunkte, hellere und dunklere Stellen sollten vermieden werden und wenn, dann nur am Bildrand enstehen.
Wenn ihr nur wenige Scheinwerfer habt, sollten die Darsteller nach Möglichkeit weit genug weg vom Greenscreen stehen, damit sie erstmal keine Schatten werfen.
Wenn möglich, Kamera auf Darsteller scharfstellen und den Hintergrund unscharf lassen, es sei denn ihr habt Tracking-Marker auf dem Screen.
Trotz allem wird Euer Bild u.U. etwas grieselig sein/rauschen, aber kleinere Falten kann man so kaschieren.
Je mehr Licht ihr verwendet, desto weniger Bildrauschen habt ihr!
Die Ausleuchtung der Darsteller selbst sollte nicht bis auf den Greenscreen fallen.
Trotz allem ist es egal, wie weit der Darsteller weg steht, wenn ihr den Greenscreen mit eigens dafür aufgestellten Flächenleuchten ausleuchtet.
Da wir hier im Amateurfilmbreich sind, gibt es günstigere Möglichkeiten als die teuren Profi-Scheinwerfer:
Baustrahler machen einen Spot, unregelmäßiges und gelbliches Licht (was Euren Screen ggf. wieder vom reinen RGB-Grün wegbringt)
Besser sind HQI/HMI-Strahler, die Tageslichtfarbe (Farbtemperatur von ca. 6500 Kelvin) produzieren. Diese machen weißes Licht.
Wer unbedingt in Scheinwerfer investieren will, sollte sich aber für den Greenscreen ein paar Flächenleuchten zulegen.
Wenn ihr jetzt endlich im Keller Euren eigene Greenscreenraum mit ganz viel Licht habt, denkt an den Stromverbrauch und
sorgt für eine gute Lüftung (ja, es wird je nach Wattzahl heiss!) und denkt daran, daß Eure Lampen an verschiedenen Sicherungen hängen!
Sonnenlicht macht übrigens auch eine gleichmäßige Ausleuchtung,
produziert aber ggf. das Licht nicht passend für die Szene, also im Spezialfall lieber innen drehen und gescheit ausleuchten!
Neonleuchten machen teilw. grün-stichiges Licht (wenn man die falschen Röhren kauft...), leuchten aber relativ gleichmäßig aus.
Wer Strahler benutzt, sollte Streulichtfolien aus dem Fachgeschäft davor machen (z.B. Frostfolie, oder zur Not auch mal Backpapier).
Wichtig ist hier: Eure Strahler werden sehr heiß, es besteht Brandgefahr, wenn ihr keine speziellen hitzebeständigen Folien nehmt!
Beim Einkauf unbedingt beachten! Papier aus Eurem Drucker macht zwar kurzfristig Streulicht, aber verursacht danach einen Feuerwehreinsatz!
Also Finger weg von allem, was nicht speziell für Scheinwerfer gemacht ist!
Wer Neonröhren nimmt, kann diese mit einem leichten Plastikgitter vorne dran versehen, um so Lichtstreuung zu vermeiden!
Wer Flächenleuchten will, sollte nach CineFlo suchen, diese sind übrigens dimmbar, ein nicht zu unterschätzender Vorteil.




Spezielle Tricks
Wenn ihr den Screen ausleuchtet, achtet darauf, daß Eure Darsteller auch bei allen Bewegungen keine Schatten werfen und gut ausgeleuchtet sind.
Wenn ihr im Monitor Stellen seht, die nicht gleichmäßig sind, müßt ihr anders beleuchten.
D.h.: Stellt Eure Scheinwerfer weiter weg, um "Hotspots", also hellere Lichtflecken auf dem Screen zu vermeiden.
Im Zweifelsfall die Beleuchtung des Screens auch mal über die Decke reflektiert oder mit Reflektoren probieren.
Dimmer sind eine sinnvolle Anschaffung, wenn ihr Lampen ohne Vorschaltgeräte habt (Baustrahler),
HQI-Strahler oder normale Neonröhren lassen sich i.d.R. nicht dimmen. (Es gibt aber auch hier dimmbare zu höheren Preisen)
Erst wenn ihr den Greenscreen gut ausgeleuchtet habt, kommt der Darsteller dran.
Diesem könnt ihr von hinten leicht mit einer "Ergänzungs"farbe Eures Screens anleuchten, um den sog. "Spill",
also dem grünlichen Farbsaum z.B. auf den Schultern/Haaren zu vermeiden.
Beim Greenscreen wäre das z.B. Orange-/Bernsteinfarbenes Licht, damit vermeidet ihr unschöne grünliche Reflektionen des Screens am Darsteller.
Zuviel "Ergänzungslicht" verschiebt Euch aber auch ggf. wieder die Farben in ein ungewolltes Farbspektrum.
und ihr habt im dümmsten Fall eine Farbe mehr zu entfernen, die da nicht hingehört! Also langsam rantasten...
Einfacher geht´s aber mit schwarzen Tüchern, die das Licht schlucken und seitlich und unterhalb des Darstellers sein sollten.
Auch die richtige Kleidung verhindert Spill. Also lieber mal ein rotes oder schwarzes Shirt anziehen anstelle des weißen (welches das grün ja ungehindert reflektiert!)

Tracking
"Trackingmarker/Trackingpunkte" sind (mind. sieben!) Markierungen am Greenscreen oder im Raum,
die später eine Rekonstruktion der Kamerabewegung vor dem Greenscreen ermöglichen,
denn vor einem rein grünen Hintergrund nimmt die Kamera ja keine Räumliche Verschiebung mehr wahr.
Diese sollten Ecken oder Spitzen haben, den ein Tracker reagiert auf Spitzen und
die bleiben auch beim Veränderungen des Winkels oder Wegzoomen spitz.
Ist nur im Prinzip nur dann interessant für Euch, wenn ihr bei der Greenscreen-Benutzung Eure Kamera bewegt.
Die Trackingmarker sollten dann auch eine Farbe haben, die gut zu keyen sind,
also z.B. RGB-Blaue Marker auf dem Greenscreen und umgekehrt.
In diesem Fall darf der Hintergrund nicht unscharf sein und die Markierungen müssen extra gekeyt werden.
Trackingmarker dürfen sich nicht bewegen!

Licht und Schatten:
Sollten in Euren künstlichen Set später Licht und Schatten benötigt werden, so macht direkt
beim Dreh vor Greenscreen echtes Licht und echte Schatten auf die Darsteller. Es schaut einfach schöner aus.
Achtet bei der Ausleuchtung der Darsteller schon grob auf die richtige Lichtrichtung, aus der das Lichter später kommt.
Nicht benötigte Greenscreenflächen sollten schwarz abgehängt werden, um grüne Reflektionen auf heller Kleidung zu vermeiden.
Vermeidet nach Möglichkeit glänzende Dinge am Darsteller, die das Grün spiegeln könnten, (z.B. Helmvisiere, Sonnenbrillen, etc.)
Wenn es sein muß, dann klebt es farbig ab, und macht ein paar Trackingpunkte drauf.
So könnt ihr später sogar die Reflektionen aus dem Zielmotiv einkopieren.

In diesem Bild wirft z.B. der Greenscreen unschöne Reflexionen auf den weissen Anzug und den Helm:

Hier sind ein paar Darsteller schon mal grob in das virtuelle Set einkopiert, haben aber noch keine Schatten!



Bezugsquellen:
Woher bekomme ich jetzt all die Sachen werdet ihr Euch fragen.
Für Anfänger eigenet sich der Stoff "Ditte" von einem bekannten schwedischen Möbelhaus, auch wenn der in den Filialen nicht erhältlich ist, kann man sich den zuschicken lassen.
In der Regel solltet ihr den qm-Verbrauch so berechnen, dass ihr nicht nur die Wand, sondern auch den Fußboden damit bedecken könnt.
Dann könnt ihr Eure Leute auch komplett freistellen.
Aber auch ein Blick in die eBucht könnte helfen, da gibt es oft sog. chroma-grüne/blaue Greenscreen-Stoffe zu guten Preisen.
Wenn eine Rolle 1,5m breit ist, heißt das in der Regel, dass ihr Nähen (lassen) müßt. Es gibt aber auch gefaltete Stoffe,
wo der Stoff 3m breit ist, aber auf eine 1,5m Rolle gepackt wurde.
Ansonsten gibt es auch Klebebänder, Lacke und Farben in den Chromafarben von z.B. der Firma Rosco.
Einfach im Netz suchen.

Lampen gibts wie Sand am Meer, am besten in der eBucht anfangen oder im Ausland bestellen
(Achtung, bei Nicht-EU kommt noch 16% Zollgebühr mit drauf)
Aber es gibt auch noch in Rumänien (EU) diesen Shop, der diverse Lampen zu für ambitionierte Amateure zu halbwegs erschwinglichen Preisen hat.
Flächenlichter können aber auch, wenn mn nicht gerade zwei linke Hände hat, aus ein paar Leuchtstoffröhren selbst gebaut werden.
Und das sind ja auch die, die man zur Ausleuchtung eines Greenscreens am ehesten brauchen kann.
Am besten konstruiert man die so wie auf diesem Bild, das Plastikgitter davor verhindert das Streulicht.

Aber auch das Leihen ist für viele eine Option,
es ist i.d.R. günstiger, wenn man sich die Sachen nur tageweise ausleiht, als wenn man sie sich selbst kaufen muss.

So, ich hoffe, Euch etwas geholfen zu haben,
hier noch eine interessante DVD-Reihe, für die ich kein Geld kriege,
die aber vieles verständlich erklärt, wenn man Englisch kann. ;)
Die Homepage bietet ein paar Ausschnitte aus der DVD-Reihe zum Thema Tracking und Keying...

Purzel

PS: Hier noch eine kleine Hilfe:

Dieser Beitrag wurde bereits 11 mal editiert, zuletzt von »Purzel« (4. Oktober 2011, 23:16)


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Lutz Dieckmann

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Donnerstag, 10. Februar 2011, 00:28

Hi Purzel,

es muß einmal gesagt werden, vielen, vielen Dank für die Mühe, die Du Dir machst.

Liebe Grüße

Lutz
Danke für´s Lesen.Jede Woche neue Online Streams auf: http://hd-filmschule.de und neue Tutorials auf http://hd-trainings.de

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Donnerstag, 10. Februar 2011, 13:44

Naja, Keying und Ausleuchtung gehören dicht zusammen und stehen in direktem Zusammenhang.
Trotzdem gibt´s soviele kleine unscheinbare Fehlerquellen, da flucht man schon gescheit, wenn
man sich vorher die Mühe nicht macht und anständig ausleuchtet.
Und von anständigen Keyings hat jeder was, der sich den Film hernach anschaut!

;-)

Lutz Dieckmann

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Freitag, 11. Februar 2011, 00:51

Naja, Keying und Ausleuchtung gehören dicht zusammen und stehen in direktem Zusammenhang.
Trotzdem gibt´s soviele kleine unscheinbare Fehlerquellen, da flucht man schon gescheit, wenn
man sich vorher die Mühe nicht macht und anständig ausleuchtet.
Und von anständigen Keyings hat jeder was, der sich den Film hernach anschaut!

;-)

Wem sagst Du das;-) Ich habe grad in meinem neuen Studio den größeren Blue-Screen ausgeleuchtet, war auch nicht ganz einfach. Aber jetzt geht er toll. Aber ich werde demnächst neue Tests mit einer anderen Beleuchtung machen, mal sehen wie das wird. Aber die Zeit ... die liebe Zeit,-))

Viele Grüße

Lutz
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Freitag, 11. Februar 2011, 12:51

kannst Du hier mal Fotos davon reinstellen?
Insbesondere, wie die Ausleuchtung inkl. Darstellern funktioniert...
Wenn´s geht, bitte mit geilen Weibern... ;-) :D :thumbsup:

Vordhosbn

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Sonntag, 13. Februar 2011, 19:53

DANKE! :thumbsup:

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Mittwoch, 23. Februar 2011, 21:42

Vielen Dank für dieses Tutorial, sonst hätte ich die Arbeit mit einem Greenscreen unterschätzt, hatte eigentlich geplant, bald in einem kleinem Raum mit relativ schlechter Beleuchtung an der hellgrünen Wand zu arbeiten, war wohl ne schlechte Idee :thumbdown:

joey23

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Sonntag, 27. Februar 2011, 18:40

So sieht es bei uns im Studio jetzt aus:



Das ganze ist eine mit Rosco Chromagreen gestrichene Holzkonstruktion, alles verspachtelt und verschliffen. Ziemlich aufwändig, aber dafür auch echt gut!

(Die Flächenleuchten sind auf dem Foto nicht an, das sind nur die Deckeneinbauleuchtoffröhren. Im normalen Betrieb ist es nochmal deutlich gleichmäßiger.)
Nordisch bei Nature!

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Leitwerk

unregistriert

9

Sonntag, 27. Februar 2011, 18:47

Kann man das ganze denn noch Hobby nennen :D, oder machst du das Beruflich?