So, da der Film hier ja rege diskutiert wird (irgendwie wird Werken dieser Art hier häufig mehr Aufmerksamkeit geschenkt, siehe der Schlitzer von Hobbyfilm
), habe ich ihn mir jetzt endlich auch mal angesehen und muss mich den eher kritischen Meinungen anschliessen.
Der Film hat eigentlich überhaupt keinen Inhalt. Der Protagonist findet ein Foto und erschiesst sich - das wars. Ich habe zwar zuvor geschrieben, dass mich ein solches Jagderlebnis durchaus auch etwas verstört hätte (und auch heute, würde ich kein Reh töten wollen), aber der Selbstmord als Reaktion auf eine längst vergessene Tat wie diese, ist nicht nur völlig realitätsfremd, sondern lässt auch Spekulationen zu, dass beim Betrachten des Bildes vielleicht eher ein traumatisches Erlebnis im Zusammenhang mit seinem Opa (Belästigung o.ä.) zu Tage gefördert wurde.
Aber mal der Reihe nach:
Zu Beginn des Films wird eine Uhr gezeigt, das Ticken dazu läuft nicht synchron mit dem Zeiger (auf sowas unbedingt achten, ist ja wirklich nicht schwer, die Soundspur darauf anzupassen). Die Uhr ist schwarz-weiss, der Rest des Films farbig, ausserdem hat die Uhr keine Bedeutung für die Handlung oder scheint sonst irgendeinen Sinn zu haben. Eine solche Szene muss einen Zusammenhang zum Film haben, sonst sollte man sie weglassen. So wirkt es, als wäre die Uhr nur drin, weil es cool aussieht.
Kurz nach dem Titel wird schon das Auffinden des Fotos gezeigt und später dann die gleiche Szene nochmal. Das scheint ein Versuch zu sein, durch Foreshadowing Spannung zu erzeugen, macht aber reichlich wenig Sinn, da das Foto an sich kaum eine dunkle Vorahnung hervorruft. Ein rauchender Gewehrlauf oder Bluttropfen am Boden wäre ein Foreshadow - da würde man sich als Zuschauer fragen, was denn hier nun geschehen ist und möchte weitersehen. Auch ein geschockter Blick des Protagonisten, ohne das Bild zu zeigen (sonst ist man nicht mehr gespannt darauf zu erfahren, weshalb er so geschockt ist) hätte ev. genügt.
Danach wackelt jemand ein bisschen mit der Kamera in der leeren Wohnung rum, eine unnötige Szene, die dem Zuschauer bloss eines verrät: Du hast weder Steadycam noch Dolly.
Nach etwa einer Minute belangloser Szenen kommt der eigentliche Film. Ein Typ macht ein Buch auf, nimmt ein Foto raus, über das der Zuschauer rein gar nichts erfährt, und erschiesst sich dann grundlos.
Dazwischen schaut er in kurz in die Luft und (wie ein Vorposter so treffend bemerkte) überlegt sich, welche Pizza er nun bestellen sollte. Er wirkt weder traurig, noch geschockt.
Die eigentliche Handlung wäre hier doch gewesen, zu zeigen was damals geschehen und wer der Junge und wer der alte Mann daneben ist. Man hätte zeigen können, was damals so dramatisches vorfiel, dass das Foto im Protagonisten schlechte Erinnerungen hervorruft. Schlussendlich hätte der Protagonist das Foto nachdenklich weglegen und den Rehbraten von seiner Einkaufsliste streichen können.
Jeder fängt mal klein an, und auch mein aktueller Film „Trabant B12“ (
den du gerne im entsprechenden Thread kritisieren darfst ) bietet eigentlich noch nicht genug Inhalt für seine Laufzeit bzw. geht zu wenig tief und man erfährt zu wenig über die Charaktere. Aber mit jedem Film lernt man dazu und wenn du ev. zuvor Feedback zur Story einholst und dir gründlich überlegst, ob die Story plausibel ist, man alle wichtigen Informationen hat, ohne eine Beschreibung lesen zu müssen und die Charaktere ordentlich Tiefe haben, vielschichtig sind und im Film ev. gar eine (plausible) Wandlung durchmachen, so wird der Film gleich viel besser.
Ausserdem wichtig zu merken: jede Szene die nicht absolut notwendig ist muss raus! Grosse Kinofilme sind im ersten Schnitt meist 4 bis 8 Stunden lang, am Schluss wird im Kino aber bloss ein 1.5-Stünder gezeigt, da der Zuschauer schlicht einschläft, wenn er belanglose Szenen sehen muss
Deinen Film könnte man auf etwa 30 Sekunden kürzen ohne dass die Handlung leidet, ein wichtiges Indiz dafür, dass du von Beginn an mehr Handlung hättest schreiben sollen.
Hoffe die Kritik ist nützlich und nicht zu ehrlich – man lernt schnell und ich bin gespannt auf deinen Fortschritt.