Als erstes der Abschnitt über die Schauspielführung. Durch die völlig unterschiedlichen Erfahrungswerte unserer
Darsteller, waren die Dreharbeiten alles im allen sehr kreativ. Wir hatten alte
Hasen aus einem Theaterverein, eine Studentin des Darstellenden Spiels und
diverse andere Personen, die kaum oder gar keine Erfahrung mit Schauspiel
hatten. Hier ein paar Erfahrungswerte von Seiten des Regisseurs bzgl. der
Gruppen:
Die Statisten: Spielt ihre Bedeutung nicht herunter. Wenn ihr sie am Set haben
wolltet, sind sie es auch Wert sich um sie zu kümmern oder? Instruiert sie genauso
gründlich wie jeden anderen Darsteller und achtet darauf, dass sie nicht zu
viel warten müssen. Bei unserem Statistendreh, in einer Schule, haben wir einen
Aufenthaltsraum mit Büffet geschaffen. Wenn dann alle abgelenkt sind und ihr
weiter machen wollt, setzt ihr ein Zeichen auf Position zu gehen und sagt
frühestens „Action“ wenn die Szenenatmosphäre wieder da ist. Klärt die
Bedingungen eines Drehs am Beginn des Tages klar und deutlich.
Die Unerfahrenen: Wer das erste Mal an so einem Projekt
mitwirkt, kann nicht wissen was und wie es passiert. Das sollte man positiv
sehen, sofern man Leute gefunden hat, die mit Herzblut in der Sache aufgehen.
(Andere haben wir gar nicht in den engeren Kreis der Produktion aufgenommen.)
Wenn man die Personen von Anfang an gründlich und richtig instruiert, nehmen
sie in der Regel direkt die Arbeitshaltung-/weise an, die man sich wünscht.
Beim ersten Dreh werden sich diese Personen von ganz alleine ausprobieren.
Deswegen, gebe ich dann besonders viel Feedback positiver, negativer, und
ausnahmsweise neutraler Natur. So ausführlich braucht das in der Regel nur ein
Mal zu sein, und das ist in Zukunft auch wichtig. Zu viele Kommentare können
genauso verunsichern, wie gar keine. Wer nur lobt um vermeidlich zu motivieren,
hat meiner Meinung nach ein Beliebtheitsbedürfnis, dass für den Job nicht
geeignet ist und wer nur herumnörgelt, scheint ein Problem zu haben,
verständlich zu machen, was er eigentlich will. Sonst gäbe es nicht den
ständigen Anlass. Wenn ich Lob verteile ist es ehrlich und hart verdient; jede
kleinliche Kritik ebenfalls!
Die Theaterleihen: Ich habe ein Jahr am Theater gearbeitet
und habe die Unterschiede zwischen den
Medien für mich persönlich herausgefunden. Bei professionell ausgebildeten
guten Darstellern bräuchten wir hier gar nicht splitten. Bei Theaterleihen ist
es nötig, da ihre „Ausbildung“ einseitig ist und ihnen meist vermittelt wurde,
was sich auf der Bühne und nicht außerhalb davon gehört. Auf der Bühne mögen
manche sogar schon richtige Profis sein. Ich will nicht schreien „Achtung Theater!“,
denn ich mag Theater, aber man muss die Arbeitswiese adaptieren und gegebenen
Falls, erklären was und warum es anders ist. Da ist z.B. der Umstand, dass
diese Darsteller an Proben gewöhnt sind. Deswegen mehrere Durchläufe am Set
proben, bevor die Kamera mit filmt. Vielleicht tut ihr das ja sowieso schon. Sie
bieten dem Regieteam gerne einiges an und haben Erfahrung damit, sich eine
Rolle zu erarbeiten. Dabei muss der
Aspekt Sprache stark bearbeitet werden. Im Theater wird sie sehr deutlich, als
künstlerisches Mittel benutzt. Das habe ich auf den Probebühnen immer geliebt.
Doch es gilt Vorsicht. Ich arbeite im Film viel, viel dezenter. Die Kunst ist
hier, natürlich zu wirken. Auch Gestik, Mimik und Raumausnutzung sind da
entscheidend. Es gibt keine Zuschauerreihe ganz hinten, die alles sehen können
muss. Je näher die Kamera ist, je kleiner die Bewegung. Nutzt das Können und die Erfahrung dieser
Leute, statt ihnen vorzuhalten, dass sie ja „nur“ Theater kennen. Sie können
einiges und vor allem sich anpassen. Es ist an euch den Ton anzugeben und somit
zu entscheiden, wie sie sich anpassen sollen.
Die „professionellen“ Schauspieler: Wir hatten das Vergnügen
bei diesem Dreh mit einer ausgebildeten erwachsenen Schauspielerin und einer
Studentin des Darstellenden Spiels zu
arbeiten. Ich will hier nicht darüber streiten, ob DSP mit einem klassischen
Schauspielstudium vergleichbar ist. Es ist lediglich Fakt, dass unsere
Hauptdarstellerin auf Grund von Wissen & Erfahrung hier einzugruppieren
ist. Ich kann gar nicht sagen, was für mich am grandiosesten am Set war. Doch
hier zwei Aspekte die alle am Set maßgeblich beeinflusst und deshalb genutzt
werden sollte. Wenn man eine Rollenbesprechung vor Drehbeginn hatte, haben
diese Darsteller sich ihre Rolle schnell so gut erarbeitet, dass sie intuitiv
richtig reagieren. Sie bleiben beim
improvisieren viel dichter am Originaltext und können eine fertigerarbeitete
Szene immer und immer wieder gleich spielen. Das zieht die Spielpartner in die
Atmosphäre und macht es ihnen einfach ebenfalls authentisch zu sein.
Achtung: Wer glaubt, dass Professionalität bedeutet, Gefühle
per Schalter an und aus zu schalten, irrt massiv. Die wahre Kunst liegt darin,
die Situation wirklich zu durchleben und oft sind viele Gefühle der Weg zu
einem Bestimmten. Wer Schauspieler führt
muss die Atmosphäre aufbauen und hüten, die Beispielsweise ein dramatischer
Wendepunkt bedarf. Wenn ihr hinter der Kamera nicht mindestens Mitgefühl empfindet,
läuft irgendetwas gewaltig schief.
So genug zu dem Thema.
Grüße,
Jonas