im Amateur Bereich bringt man Setaufnahmeleitung und Regie gern durcheinander. Eigentlich ruft der Regisseur nicht wild umher oder sorgt für Strenge am Set. Das ist der Aufnahmeleiter. Er hat die Verantwortung den Dreh nach Plan umzusetzen oder wenns nötig ist kreativ umzuplanen.
Die Regie ist die Vertrauensperson des Teams. Es gibt die Head Ofs also die Leitung von den Departments. Da Kamera zb aus einem Director of Photography, einem Operator und mehreren Assistenten bestehen kann, spricht der Regisseur mit zb dem DoP statt mit dem Assistenten. Da im Amateurbereich oft alles in einem Kameramann vereint wird, eben mit dem Kameramann.
Als Regisseur versuche ich meinem Team möglichst früh klar zu machen, dass es unser Film ist und nicht nur meiner. Zwar trägt der Regisseur die Vision des Films, sollte aber mit sich reden lassen. Ich spreche hier aus beidseitiger Erfahrung. Habe sehr viel als Team Mitglied, als Schauspieler und als Regisseur gearbeitet. Wenn der Regisseur zu Diktatorhaft wird, erwartet man im Team dass er wirklich gut ist und weiß was er tut. Es gibt Regisseure die von sich glauben sie seien Spielberg, Cameron, Scott und Scossese in einem, doch dann stehen sie oft nur da und wissen nicht ob sie das so oder so haben wollen, vergeuden Zeit und beweisen, dass sie keine Ahnung von ihrem Job haben. Nicht falsch verstehen. Jeder sollte sich die Zeit nehmen nachzudenken um bestmöglich zu entscheiden aber diese Entscheidung sollte sich auf Details beziehen, statt auf die Hauptfrage des Films. Das sollte nämlich lange vor Drehbeginn dem Regisseur sehr klar sein.
Im Amateurbereich Regie zu führen ist ähnlich ein Piratenschiff zu befehligen. Der Regisseur ist der Kapitän aber wurde von seiner Mannschaft gewählt mit der Erwartung auf Beute. Im Amateurbereich wo kein Schwein bezahlt wird ist es umso wichtiger, dass der Film gut wird, Wellen schlägt und mehr wird als nur eine Übung für den Regisseur. Kein Mensch auf der Welt arbeitet gerne für den Mülleimer.
Meine schlimmste Regie war 2011 für einen Film den ich auch hier reingestellt hatte. Damals hatte ich alles sehr durcheinander geplant. Hatte zwar echt viel Scheiss am Set und für einen alleine war das echt eine reife Leistung aber vor Ort war ich dann kalt und wollte durchziehen. Als Regisseur hat man oft mehr Hormone im Hirn als die anderen, was dazu führt, dass man über seine Belastungsgrenze weit hinaus kommt, ohne es zu merken. Hingegen das Team nach einigen Stunden jeden Stein unter seinen Füßen spürt. Wir drehten teilweise bei 30 Grad Steile und minus 15 Grad Temperaturen. Ich hatte zwei Kameramänner, beide mir Treue für die Ewigkeit geschworen und trotzdme klappten sie beide nach wenigen Stunden weg. Füße und Hände frieren. Ich mache selbst die Kamera und irgendwann wirds vielen Meiner Schauspieler zu viel. Sogar die echten Bundeswehrsoldaten die echt was vertragen können, begannen sich zu beschweren ich fordere zu viel. Mein Argument war immer : hier ich machs euch vor. Dann machten sie was ich wollte. Ja wir bekamen das ganze durch und ich setzte mich oft durch aber am 4. von 5 Drehtagen schrie ich meine Hauptdarstellerin an : WENN DU KEIN BOCK HAST DANN GEH NACHHAUSE! Heute lachen wir darüber wie wir uns in die Dinge reingesteigert haben aber das ist nur möglich weil wir gelernt haben wie es besser geht.
Am Ende des Drehs hatte ich angst dass keiner mehr mich leiden kann. Wie gesagt heute lachen wir darüber aber zu einer Schauspielerin habe ich keinen Kontakt mehr. Die Soldaten fandens sehr cool. Einer der Schauspieler spielte noch in 2 weiteren Kurzfilmen von mir mit. Meine Hauptdarstellerin hat den Beruf an den Nagel gehängt. Ich mache mir Vorwürfe deswegen.
Was habe ich gelernt?
Anfang 2014 drehte ich als Hauptdarsteller in Kiel für die Hochschule einen 30 Minüter. Das Team war technisch kaum erfahren aber das Drehbuch war gut. Die Regisseurin war besser. Sie befahl niemandem etwas. Sie bat die Leute und noch besser, sie ermutigte sie. Eine Redensart die mir immer in Kopf schießt von ihr ist : "Das war schon ganz gut! Vielleicht kannst du noch dies und das dazu machen? fände ich super!" Das Ergebnis war, dass man ihr diesen gefallen tun wollte. Man konnte es kaum abwarten es tun zu können. Wird einem hingegen hart und kalt etwas befohlen, fragt man sich : wieso bin ich noch mal bei diesem Dreh dabei? Und man fragt sich ob diese Anweisung überhaupt sinn macht.
Ich habe auch schon viel Erfahrung im Postproduktion/Animationsbereich gesammelt. Da war es oft gemischt. Je nach Druck war man nett zueinander oder eben auch nicht. Teilweise (und ich bin echt hart eigentlich) begann ich als eines der wichtigsten Team Mitglieder zu streiken. Diskutierte mit dem Regisseur usw. Das Problem war, die Annahme jeder wird sich ein weiteres mal den Arsch aufreißen und die Wiederholung das so einzuplanen. Ich wollte, dass wir das so planen, dass keiner Überstunden schieben muss. Wenn dann doch aus irgendwelchen Gründen Überstunden anfallen, ok. Aber nicht von Vornherein so planen und davon ausgehen die anderen ziehen wieder und wieder mit. Die Anforderung sollte Menschlich sein und vor allem sollte das Team das Gefühl haben, sie sind die als Menschen wichtiger als Teammember. Das kann jetzt zur Verwirrung sorgen da man Filme oft mit Fremden macht, aber tatsächlich will keiner sein Bestes geben fürs offensichtliche Ausgenutzt werden.
Früher habe ich geglaubt, der Regisseur ist derjenige der genau vorgibt, was der Schauspieler tun soll und wie exakt das Bild auszusehen hat. Irgendwann erforschte ich Profisets und machte mir Gedanken wieso das ein oder andere Sinnvoll erscheint. Da kam ich drauf, dass der Regisseur eigentlich mehr ein Wissenschaftler ist, der seinem Team seine Version darlegt und das Team dann im besten Fall ihn mit etwas besserem überrascht. Der Regisseur lenkt das Schiff aber nicht die kleinsten Handlungen der Crew. Das schafft er indem er der Crew die Gründe klar macht, die Richtung klar macht und sie mit einer reichen Beute, an die er selbst glaubt motiviert. Wenn er scheitert, meutert das Team und der Kapitän wird auf seinem sinkenden Schiff mit einigen treuen allein gelassen.
Als Regisseur lese ich das Drehbuch sehr genau und bespreche mit den Schauspielern eher das was sie in der Szene wollen, was ihnen da im Weg steht statt wann sie eine Augenbraue hoch zu ziehen haben und wie ihre Körperhaltung genau sein soll. Oft machen die Schauspieler es besser als man sich die Szene vorstellen kann, wenn man ihnen den Kern der Szene klar macht. Das muss man als Regisseur nciht sofort wissen wenn man das Drehbuch liest aber spätestens wenn man sich mit den Schauspielern vorbereitet.
Kleine Anekdote.
Vor einem halben Jahr war ich mit Freunden die keine Profischauspieler sind für ein Video auf dem Weg in ein Waldgebiet. Von den drei Jungs ist nur einer Talentiert aber bei weitem noch nicht ausgebildet. Einer von ihnen plante die ganze Sache, wollte aber mich als Regisseur dabei haben. Er machte sich sorgen wegen dem dritten, dass er doch kein so guter Schauspieler ist. Passt optisch super aber ist halt einer dieser Laien, die es sich sehr schwer machen einen Text zu sprechen. Ich sagte ihm : mach dir keine Sorgen, ich weiß wie ich damit umzugehen habe. Bei der Autofahrt verlangte ich von den Schauspielern, ihre Texte gemeinsam durchzugehen. Im Kopf nahm ich mir vor, sie drei mal die Szene durchsprechen zu lassen. Während dem Durchsprechen fragte ich sie, wieso sie das ein oder andere sagen oder tun. Ich wusste erst selbst nicht wieso was wie war aber wir fanden schnell heraus, worum die Szenen handelten, wieso wer wütend reagieren sollte. Als wir dann loslegten, erinnerte ich die Schauspieler immer wieder an ihr Bestreben und machte ihnen klar, wieso die Handlung des anderen ihnen in die Quere kommt. Alle machten super Arbeit und der Leiter des Projekts meinte am Abend zu mir, dass er das von allen, auch von sich selbst nicht erwartet hätte. Der Text war gar kein Problem. Es hat sich Lebendig angefühlt. Und ja das ist es dann auch weil man sich dann als Schauspieler nicht darauf konzentriert, was man sagt und tut sondern was man fühlt.
Mit dem restlichen Team bespricht man seine Ideen. Der Kameramann ist ja beim entstehen dabei und kann sich ein gutes Bild über die Situation machen, Ideen einbringen oder gut verarbeiten. Einfach schöne Bilder machen zählt nicht viel. Man muss die Szene verstehen.
Vor allem bei größeren Projekten mit etwas Eigenkapital und vielen Drehtagen ist es fürs eigene Interesse wichtig Lockerheit beim Set zu haben. Wenn es Zeitlich zu Problemen führt, wird jeder verstehen wieso sie sich nun konzentrieren sollten, aber nicht des meckerns willen meckern. Da läuft dir ein unbezahltes Team davon. Anfänger tendieren oft dazu, ihre Arbeitsweise mit den der Hollywood Profis zu vergleichen. Es gibt aber gravierende Unterschiede zwischen dem was wir machen können/dürfen und was die mit Geld machen.
Neulich habe ich an einigen Locations für ein zwei Drehtage angeklopft. Wir haben trotz etwas Budget eine Absage bekommen. Andere zahlen besser. Niemand ist verpflichtet euch den Arsch abzuwischen. Vor allem dann nicht, wenn ihr kein Geld habt oder zumindest ein gutes Projekt am Start.
um es kurz zu sagen, für mich ist Regie das steuern eines verträumten Piraten Packs durch die Höllische See der Dreharbeiten. Die Aufmerksamkeit, Empfindsamkeit und Dankbarkeit dem Team Gegenüber helfen dabei die Beute sicher zu erreichen. Dabei hartnäckig zu bleiben und das Unmögliche mit Kreativität möglich zu machen wird mit jedem Film ein wenig besser.