"Wer ist der Boss" und "Wer will hier eigentlich was von wem?"
- Das sind die Fragen, die für mich im Umgang mit Laien immer wieder auftauchen. Einer der größten Vorteile für mich mit professionellen Schauspielern zu arbeiten ist, wir müssen uns nicht über die Basics unterhalten. Natürlich gibt es auch bei Profis ausnahmen, aber die gehören für mich nicht in diese Branche. Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sind für mich zwei grundsätzlich indiskutable Punkte.
Wen es interessiert, eine kleine Anekdote:
Ich habe bei einer Theater-Produktion die Leitung der Statisterie übernommen. Es war ein Stadttheater, es war der Faust und wir hatten nicht genug Statisten. Also machten wir ein Casting mit den hauseigenen Spielclubs (Altersklasse: 15 - 20). Jeder wollte unbedingt dabei sein, auf der Bühne stehen. Ich sah große traurige Augen vor mir, die darum schmachteten dabei zu sein.
Einige Wochen später. Die Auswahl war längst getroffen, wir befanden uns in den Proben. (Wie eigentlich immer am Theater) hatten wir sehr wenig Zeit, es ging anstrengend zur Sache, es gab mal Probleme hier mal da, der übliche, vielleicht etwas größere Produktionsstress...
Dann gab es einen Knackpunkt - Bühnenprobe, in der Woche, 21:30 Uhr, Primetime..auf ProSieben laufen der gerade die beliebten Sitcoms, aber unsere Statisten müssen auf der Bühne stehen. Neben den Schauspielern. Sie müssen stehen und warten, weil wir alle warteten, das die Technik wieder mitspielte. Hin und her. Stop & Go, bestimmt drei Stunden.
Was passierte? Natürlich waren die Schauspieler auch alles andere als begeistert von dieser Situation, aber Sie hatten auch Verständnis für das Team, denn wir haben uns alle den A**** aufgerissen.
Was passierte mit den Statisten?
Es war interessant zu bemerken, wie plötzlich die Tonlage des ein oder anderen doch etwas rauer mir gegenüber wurde. Ich hatte das Gefühl, mir würde sukzessiv mitgeteilt, ich könne dankbar sein, das sie noch hier wären. Auf einmal wurden Forderungen gestellt (Hunger/Durst, dafür war grundsätzlich gesorgt, aber man möge es Ihnen doch bitte reichen). Lange Rede, kurzer Sinn: Sie entwickelten eine völlige unangebrachte Attitüde, die selbst keiner der Hauptdarsteller ansatzweise an den Tag legte. Sie wurden frech! Und Sie hielten sich für DIE Stars. Zitat: "Was wolltet ihr denn machen, wenn wir jetzt nicht hier wären?" - Eine Frage, die mich zwischen Problemen ob das Podium wieder fährt und wir müssen die Scheinwerfer dann nochmal neu ausrichten (...) - an den Rande des Wahnsinns gebracht haben.
Kurz und gut. Das ist meine subjektive Erfahrung. Da ist sicherlich auch vieles situationsabhängig, aber ich kann nur warnen: überleg dir einfach gut, ob es reicht mit einem Laien zu arbeiten und mit wem du arbeitest. Sicherlich spielt dabei das Alter auch eine Rolle, wobei ich mit älteren auch ähnliche Erfahrungen gemacht habe.
So, das war mal meine Geschichte zu dem Thema, ich setze (wenn es nicht um Freizeit-Projekte geht) beruflich nur auf Profis. Laien habe mich zuviele Nerven gekostet, aber nix für ungut, es gibt sicher Ausnahmen. :-)
Nils.
PS: Die Statisten hatten übrigens einen Vertrag, waren sozialversichert und haben 11,- € / Stunde verdient. Netto.