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Freitag, 10. Februar 2012, 14:23

Bedeuten verschiedene Farb-Filter einen Stilbruch?

Dank der hilfreichen Kritik von pikk zu meinem Film, habe ich mir folgende Frage gestellt:

Kann man in einem Film verschiedene Filter benutzen oder bedeutet dies einen Stilbruch?
Ich bin bei der Bearbeitung von meinem Film davon ausgegangen, dass die Farbkorrektur EINE bestimmte Stimmung vermitteln soll und dass man diese eine Farbeinstellung auch beibehalten sollte.
Interessant fand ich aber die Aussage:

Zitat

"Das hätte sicher zu einigen Einstellungen gepasst, aber auf den gesamten
Film angewendet, sagt es mir als Zuschauer bereits nach zwei Minuten,
dass da jetzt nichts mehr kommt"
Da stimme ich zu 100% zu, jetzt, nachdem ich darauf aufmerksam gemacht wurde. Allerdings widerlegt das ja meine These, die ich auch noch logisch finde.


Habt ihr da ein paar grundlegende Tipps zu dem Thema?



rick

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Freitag, 10. Februar 2012, 16:46

Zitat

Bedeuten verschiedene Farb-Filter einen Stilbruch?


Nö, wenn sie Sinn machen unterstreichen sie die Atmosphäre. Manchmal kaschieren sie einfach Unzulänglichkeiten häufig stimulieren sie die Rezeptoren im Auge um bestimmte Gefühle hervorzurufen. Je nachdem wie vielfälltig die Emotionen und Einstellungen eines Filmes sind, können diverse Farbfilter eingestzt werden Bsp. Gegenwart/Vergangenheit (analoger/digitaler Look), Tag/Nacht, Sommer/Herbst.

Der Look eines Films wird ja aus einer Vielzahl von Komponenten und nicht durch EINEN einzigen "Farb-Filter" bestimmt. Selbst diesen einzigen Filter kann man so ändern das der Look erhalten bleibt, sich aber die Stimmung den Gegebenheiten anpaßt.

Wenn man z.B. den Farbstich des Schwazwertes ändern (Stichwort: selektive Farbkorrektur bei der nur eine von 10 Farbkomponenten veränder wird), bleibt ein Großteil der Palette erhalten, aber die Stimmung kann sich dramatisch ändern, ohne das der Gesamtlook zerstört wird.

Nur einige Beispiele:

Gelb- warm,antik - Herbstsonne - Sepiastil 20-30er Jahre
Rot - warm - Kamin,Sonnenuntergang - Pinupstil 50er Jahre
Blau/Lila->nüchtern bis kühl-> Wartezimmer,Videolook,Analoger verblasster Farbfilm - 70er-90er Jahre
Cyan/Grün -> kalt,technisch bis gruselig-> Leichenschauhaus,Raumschiff,Röhrenfernseher - 90er Jahre und später)

Umgekehrt kann man das Colorgrading unverändert lassen und z.B. nur die Schärfe unterschiedlich anwenden (Frau "weich", Mörder "harsch").

Es ist wie bei den Automobilherstellern. Ein Mercedes sieht im optimal Fall immer wie ein Mercedes aus, egal in welchem Jahrzehnt er gebaut wurde. Obwohl ein 240D aus den 70ern völlig anders aussieht als ein SLK von Heute, ist die "Stiltreue" (Look) doch bemerkenswert, trotz vieler Änderungen in den Details (Filter).

Als Tipp würde ich sagen, denke in Paletten. Sieh nicht die eigentliche Farbe als wichtig an sondern die Sättigung und Helligkeit und welche Farben dazu passen. Denke eher in Kategorien wie schrill/grell , gedeckt/pastell - blass/monochrome. Hier wurde irgendwo mal ein Link gepostet wo man sich solche Paletten für After Effects erstellen lassen kann (finde ihn leider nicht mehr).

Übrigens ist es sehr sinvoll sich in einer ruhigen Stunde mal mit analogem Film (und seiner Alterung) zu befassen um zu verstehen, warum wir gewisse Farbstiche bestimmten Jahrzehnten zuordnen und in welchen Szenen sie demzufolge am besten wirken. (Stichworte: Kodakchrome, Velvia, Palladium, Sepia und Selenium Tönungen etc.)

3

Freitag, 10. Februar 2012, 17:44

Danke für die ausführliche und hilfreiche Antwort!

Hast du evtl. ein paar Links für mich, die die von dir angesprochenen Themen näher erläutern?
Ich hab nach den Stichworten von dir gegooglelt, allerdings bekomme ich hauptsächlich Artikel zu Photoshop. Kennst du Texte, die sich auf Filme beziehen (auch wenn das, denke ich ähnlich zur Fotobearbeitung ist)?

rick

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Freitag, 10. Februar 2012, 19:13

Hier hätte ich ein PDF was sich mit dem Thema Farbsymbolik beschäftigt. Ab Seite 7 gibt es eine Tabelle, die Fraben und ihre Bedeutung auflistet.

Eine gute Auflistung zum Thema Farbe und andere markante Stilmittel im Film gibt es hier.

Wenn es direkt um spezielles Filmmaterial (typische Merkmale) und Alterung geht gibt es viele Informationen, die leider sehr verstreut sind in diesem Forum.

Die Stichworte zu Photoshop beziehen sich sicherlich auf die Photo Tools und andere Erweiterungen. Diese sind recht hilfreich, wenn man selber experimentieren möchte, da sie die typischen Merkmale unterschiedlicher Filmmaterialien simulieren. Man bekommt einen recht guten Eindruck warum z.B. ein Kodachrome Film für das hautschmeichelnde rot bekannt ist oder wie ein Ortho Film bestimmte Farben unterschiedlich in grautöne umwandelt und das Ergebniss eher an einen Kupferstich als an ein Graustufenbild erinnert... sorry wenn ich gerade abschweife.

Abweichend zum Alterungsprozess beim 35mm Fotofilm kommt beim 35mm Film noch der Verschleiß dazu, der zusätzliche Veränderung verursacht.

Ich hoffe das hilft Dir weiter.

Nachtrag:
Gutes Anschauungsmaterial sind natürliche die Filme selber. Schau einfach mal aus jedem Jahrzehnt ein paar Szenen aus James Bond Filmen (möglichst keine digital aufbereiteten BlueRay Versionen). Oder im Schnelldurchgang auf YT die Änderungen der Studio (Columbia/TriStar, Universal und Paramount) Vorspänne/Logos über die Jahrzehnte.

Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »rick« (10. Februar 2012, 19:31)


la niña entertainment

unregistriert

5

Donnerstag, 16. Februar 2012, 17:01

dazu kannst du dir ja mal "traffic - die macht des kartells" ansehen.
das ist mir zwar zu übertrieben, aber ich denke, dass hier sehr deutlich rauskommt, dass ein film nicht zwingend durchgehend den selben look braucht.

pikk

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Samstag, 7. April 2012, 02:21

Freut mich, dass dir meine Kritik geholfen hat. :)



Es wurde hier ja schon einiges gesagt. Ansonsten würde ich einfach sagen, dass du da schlicht die Qual der Wahl hast. ^^ Sowas sollte man möglichst immer nach Gefühl eintscheiden und so lange probieren, bis man sagen kann: "So habe ich mir das vorgestellt!"


Im Zweifelsfall würde ich sagen, dass es wichtiger ist, die einzelnen Szenen farblich angemessen zu gestalten, als dem gesamten Film in einem einheitlichen Look zu halten.

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »pikk« (7. April 2012, 02:28)


Mikrofonkabel

unregistriert

7

Dienstag, 10. April 2012, 19:11

Ein weiterer Filmtipp zu diesem Thema wäre "Memento". Da wird auch mit extrem verschiedenen Filtern gearbeitet um den Film rüberzubringen.

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