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Zeitraffer

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Montag, 2. November 2015, 21:04

Frage zum Drehbuch

Hallo zusammen,

mich würde interessieren, wie die Regie oder sonstige Personen es schaffen, ein komplettes Drehbuch auf die Beine zu stellen. Nehmen z. B. die Serie "Person of Interest". Wie kann man so gut strukturiert ein Drehbuch schreiben? Gibt es eine Schule dazu, oder ist das einfach Talent? :)

Gruß
Zeitraffer

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LennO

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Montag, 2. November 2015, 22:21

Hallo zusammen,

mich würde interessieren, wie die Regie oder sonstige Personen es schaffen, ein komplettes Drehbuch auf die Beine zu stellen. Nehmen z. B. die Serie "Person of Interest". Wie kann man so gut strukturiert ein Drehbuch schreiben? Gibt es eine Schule dazu, oder ist das einfach Talent? :)

Gruß
Zeitraffer


Nun – nein ehrlich gesagt sind gute oder spannende Storys einfach Talent. Was nicht heisst, das man sich, wenn man eine Begabung als Autor hat, nicht darin auch weiter schulen oder schulen lassen kann. Grundsätzlich sollte man aber n intelligentes Köpfchen sein, und in der Lage sein selbst in komplexen Sachverhalten, die die meisten guten oder spannend empfundenen Filme oder Serien ausmachen, nicht die Übersicht zu verlieren. Man sollte einen gewissen Grad an Lebenserfahrung haben, aus dem man schöpfend kann um passende, glaubwürdige und tiefgehende Charaktere zu schaffen die diese Story auch voranbringen, und selbst Teil des gesamten Konzepts sind und als Personen die Geschichte spannend machen. All die Sub-plots über die man sich manchmal in Serien aufregt, und die wie Bottle-Shows wirken oder auch sind, sind im Gegensatz zu unserem oftmaligen Ärgernis über sie absolut notwendig damit im du eine emotionale Bindung zu deinen Charakteren im Staffelfinale hast.

Da du aber eine Serie als Beispiel nimmst– es gibt im Regelfall nicht einen Autor, sondern meist 1 2 oder 3 die die grundlegende Story entwerfen, sofern sie den im Vornherein feststeht (sonst kommt nämlich grober Unfug raus … Lost *hust*). Die einzelnen Episoden werden oft von einem ganzen Stab an Autoren geschrieben, wobei zumeist die wichtigsten Folgen vom Kernteam verfasst sind. Mit dem Buch an sich hat der Regisseur erstmal so ziemlich garnix am Hut, wenn er nicht zufällig auch der Autor ist, was in Serienproduktionen völlig ungewöhnlich ist. Große Teile einer Handlung entwickeln sich aber bei Serien auch fliessend oder von Staffel zu Staffel. Es gibt zumeist ne Produktionsbibel die jeder kriegt in der wesentliche Elemente festgehalten sind, sodass die Autoren niemals aus den Charakteren ausbrechen. Dazu gehören auch Ausdrucksweisen, go's no-go's, eine grundlegende Philosophie etc. pp. . Manchmal strikter, manchmal weniger.

Jedenfalls im Endeffekt ist deine Frage einfach nicht zu beantworten – so wie das immer mit Talent ist kann man das halt auch fördern, oder hat es halt einfach so wirklich garnicht, dann kann man das fördern wie man will. Je eher man anfängt mit Kurzgeschichten, desto eher wird man vermutlich auch Drehbuchautor. Im Gegensatz zu Romanautoren erfordert das Schreiben von Scripts, oder überhaupt eines Serienkonzeptes, natürlich einiges an filmischem Denken. Denn nicht alles was in Schriftform funktioniert, funktioniert auch auf der Leinwand oder im Streamingdiens…äh TV.

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Selon Fischer

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Dienstag, 3. November 2015, 09:14

Ich füge nur noch hinzu: Drehbuch ist ein eigenes Studienfach. Man kann nicht "einfach so" schreiben. Narrative Formate sind anthropologische Artefakte, die wir seit Anbeginn unserer Kultur weiterentwickeln - und wo noch lange kein Ende in Sicht ist (auch wenn Laien das glauben. Ich weise nur auf die "alle Geschichten sind schon erzählt"-Weinerei hin ;))

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Dienstag, 3. November 2015, 09:42

Im Prinzip stimme ich Dir zu, Selon.
Nur, das Fach Drehbuch muss man nicht unbedingt an der Uni studieren (Filmhochschulen), es gbt auch Kurse der VHS, und von diversen Anbietern, wie der Drehbuchschule München, und ihrem Berliner Pendant. Natürlich kostet das mehr oder weniger viele Taler, aber man hat auch was davon!

PS: Sah eben Deinen Film "Die Sprachlosen" auf YouTube. Gut gemacht, aber das Englisch war teilweise grauenhaft.
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Tyler Durden

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Mittwoch, 11. November 2015, 02:53

Hallo Zeitraffer,
ich habe die Serie person of interest nie gesehen und kenne sie auch nur von Namen her. Solche Serien werden aber meist in einem Writerroom entwickelt. Dort gibt es einen Chefautor und weitere Autoren die ihn unterstützen, die alle an der Serie arbeiten. Es gibt so genannte Bibel in denen sehr viel über die Figuren steht. Ihre gesamte Hintergrundgeschichte. Alles was sich die Autoren ausgedacht haben, so kannst du dort immer wieder nachschlagen, wenn du dir unsicher bist wie eine der Figuren reagieren wird.

Heute zu Tage kannst du an Filmhochschule oder auch über Bücher dir ein fundiertes und gutes Fachwissen aneignen. Dramaturgie ist nicht so komplex. Das kann man lernen. Wichtig ist dass man es versteht. Aber es sind eben nur Regeln. Sie helfen die eine Struktur in dein Werk zu bekommen, aber sie erzeugen keinen Inhalt. Für mich ist das wichtigste Recherche. Wenn du eine Serie wie House of Cards machst, dann musst du genau wissen wer was macht im Weißen Haus. Wie läuft so ein Tag ab? Wer ist für was zuständig? Wenn du das alles weiß, entdeckst du auch die Konfliktherde die es gibt, die du wiederrum brauchst um Spannung zu erzeugen.

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Zeitraffer

6

Mittwoch, 11. November 2015, 04:05

Achtung, kleine Spoiler voraus!

Person of Interest läuft doch immer gleich ab: Das Team bekommt eine Nummer, John observiert, wird in einen Kampf verwickelt und lässt Lionel hinterher Leichen und Dreck aufräumen. Wenn ein Protagonist mal in der Tinte steckt, gibt es garantiert jemanden, der ihn irgendwie rausboxt. Die hohe Kunst dabei ist, es nicht zu langweilig zu machen, indem man die Story variiert. Zum Beispiel durch einen Rollentausch. Oder durch neue Charaktere, was die episoden- und staffelübergreifende Handlung auch komplexer macht - jeder Charakter hat eigene Interessen, die er oder sie durchsetzen will.
Die Grundidee ist eigentlich recht simpel, alle werden überwacht. Das gibt's schon seit fast 100 Jahren: Jewgeni Samjatin schrieb 1924 "Wir", die Vorlage George Orwells für "1984"). Person of Interest ist Science Fiction, die heute aktueller ist als sich die Macher das vor dem NSA-Skandal wohl selbst dachten. Oder, wie Billy Idol sagte: "The future has imploded into the present". Vielleicht entstammt die zündende Idee ja dem Gedanken "Wie würde eine totale Überwachung heute aussehen? Warum wird sie eingesetzt und wozu führt das?" Im Gegensatz zu "Wir" oder "1984" ist es aber keine Dystopie gegen einen totalitären Staat. Es geht nicht um politische Ideologien in einer Welt, in der nach dem Zerfall des größten totalitären Systems "das Ende der Geschichte" erreicht wurde (Fukuyama, 1992 - auch wenn ich seine Meinung nicht teile, beherrscht dieses Denken heute die Welt). Science Fiction ist immer ein Weiterdenken aktueller Trends auf politischer und technischer Ebene. Person of Interest ist ein Schmelztiegel aller Erfahrungen, die ein Mensch in der westlichen Welt in den letzten 20 Jahren gemacht hat. Das wahrscheinlich wichtigste singuläre Ereignis in dieser Zeit war der Elfte September, und daher ist es auch Dreh- und Angelpunkt der Story in Person of Interest, die Initialzündung, die Finch zum Bau der Maschine veranlasste. Es kulminiert auch zwei gegensätzliche Grundhaltungen: Einerseits wollen wir in Sicherheit leben, andererseits brauchen wir unsere Freiheit. Zwischen Sicherheit und Freiheit liegt ein schmaler Grat. Wie gehen wir also in einer computerisierten Welt mit unseren Daten um? Sind sie bei den Organen, die für unsere Sicherheit sorgen und unsere Freiheiten garantieren sollen, gut aufgehoben oder nicht? Bei Person of Interest stehen sich so zwei Parteien gegenüber: Die Regierung, vertreten durch das FBI, und Vigilance.
Der Rest der Story ist reines Handwerk. Spannungsbögen, Charakterentwicklung, Verflechtung einzelner Episoden und Handlungen. Das kann man lernen; es gibt hunderte von Büchern dazu. Was weniger gut zu lernen ist, ist die Kunst, seine Ideen zu Ende zu denken, mit den Möglichkeiten zu spielen, neue Wege zu beschreiten. Ein sehr gutes Allgemeinwissen ist dafür ebenso unabdingbar wie die Bereitschaft, immer dazuzulernen, sich mit aktuellen Themen auseinanderzusetzen.

Um Dramaturgie zu lernen, gibt es nichts besseres, als viel zu lesen und zu schauen. Egal ob es eine Fernsehserie ist, eine Graphic Novel oder ein Roman: In allen Medien ist Storytelling das A und O, es ist wichtiger als jedes andere Element. (Computerspiele lasse ich mal außen vor, weil sich dort das Prinzip des Storytelling noch nicht überall durchgesetzt hat bzw. nicht in allen Spielen mit dem Konzept vereinbart werden kann. Sie können aber ebenfalls gute Impulsgeber sein.) Der bombastischste Film mag gut aussehen, aber wenn er unlogisch und langweilig ist, ist er die Zeit, ihn zu sehen, kaum wert. Ideen mögen cool und genial wirken, aber so manche Serie hat sich schon darin verzettelt und wurde nicht weitergeführt, weil sie mit der bestehenden Auswahl an Settings, Themen und Charakteren keine neuen Möglichkeiten mehr bietet. Die Kunst ist eben auch, zu wissen, wann Schluss ist.

Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von »jk86« (11. November 2015, 04:22)


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Gerlinde

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Mittwoch, 11. November 2015, 09:31

Ich habe an der VHS Drehbuchkurse besucht, um die Basics zu lernen. Zudem habe ich mir jede Menge Drehbücher heruntergeladen, studiert, und Filme gesehen. So habe ich, glaube ich, am meisten gelernt.
Als Gott den Mann erschuf, hat sie nur geübt - Feministischer Witz

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Donnerstag, 12. November 2015, 16:06

Herunterladen und studieren finde ich persönlich am Sinnvollsten. Habe ich gemacht und kann ich nur empfehlen!
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Gerlinde

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9

Freitag, 13. November 2015, 05:18

Naja, manches kann man(n)/frau so lernen, anderes aber wiederum braucht einen kompetenten Lehrer. Habe ich gemerkt, als ich mit einer Drehbuchidee nicht weiter kam.
Als Gott den Mann erschuf, hat sie nur geübt - Feministischer Witz

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