Na dann kann ich ja mal meine Theaterausbildung zum Besten geben:
Die meisten Menschen machen den Fehler, dass sie "Text" sprechen und auch "Text" spielen. Das Resultat ist, dass die Spieler dann klingen wie in einem schlechten Schultheater oder wenn jemand etwas vorliest bzw abliest. Das heisst, wenn da zum Beispiel "Guten Morgen" im Drehbuch steht, dass jemand "Guten Morgen" spricht und auch "Guten Morgen" spielt.
Für eine glaubwürdige schauspielerische Leistung, auch oder gar vorallem von Laien, braucht es sehr viel Figurenarbeit. Dafür gibt es ein paar Tricks und Techniken.
Subtext
Menschen meinen sehr selten genau was sie sagen, sondern es schwingen immer noch mehrere Ebenen mit wenn wir komminizieren. Eine davon ist zum Beispiel die Beziehungsebene, eine andere wäre die Aufforderungsebene oder die Selbstoffenbahrungsebene. Jeder Satz in einem guten Skript hat einen Subtext - also etwas, was unter dem Text mitschwingt und eigentlich gemeint ist.
Um mein Beispiel zu nehmen: "Guten Morgen" kann auch "Ich liebe dich" als Subtext haben, wenn sich ein Liebespaar trifft. Genauso kann es auch "Oh je, du bist immer noch hier" heissen oder "Ich möchte dir etwas erzählen".
Es kann gerade unerfahrenen Spielern helfen, unter jeden Satz den Subtext zu schreiben. Also das, was mitschwingt oder eigentlich gemeint ist (schlechte Drehbücher erkennt man unter anderem daran, dass die Sätze explizit Subtext sind und schlechte Regisseuren erkennt man daran, dass sie keine Ahnung haben, was der Subtext des Satzes, der Szene ist).
Dann spielt man eine Weile die Szene durch und spricht anstatt des Textes NUR den Subtext - das klingt eigenartig, hilft aber zu erkennen, wohin die Szene eigentlich will. Danach ersetzt man den Subtext wieder durch den Text, spricht die Worte, die im Drehbuch stehen, meint aber nach wie vor den Subtext und betont es auch so (das ist jetzt logischerweise sehr elementar und simplifiziert, zeigt aber die Richtung).
Schon spricht man nicht mehr "Text", sondern "Subtext" - was gleich viel spannender ist.
Figur
Jeder Satz wird von einer Figur gesprochen, die Eigenheiten hat. Eine Art zu gehen, eine Art zu sprechen, eine Art sich zu bewegen, Ticks, Gesichtsausdrücke etc. Es ist extrem hilfreich, wenn man mit den Spielern diese Figur ganz genau definiert und findet. Und zwar nicht mündlich, in dem man sie erklärt (schauspielerei ist etwas körperliches, nichts, was man einfach rational erfasst), sondern in dem man sie spielt.
Geh mal mit deinen Schauspielern im Kreis und verlange, sie sollen mal gehen wie die Figur, die sie spielen. Warten, wie die Figur, stehen, wie die Figur, sitzen, gestresst sein, traurig sein, sich freuen - alles ohne Worte, aber alles so, dass man die Figur klar erkennt bzw. Lass sie improvisieren zur Figur mit Übungen wie: Was ist eine typische Bewegung meiner Figur? Was macht meine Figur rein körperlich, wenn sie sich wohl fühlt, oder unwohl fühlt etc.
Diese Übungen sind wichtig und helfen, dass man den Rythmus und das Körpergefühl findet. Und das wirkt sich auf die Sprache aus, da Sprache etwas körperliches ist. Und erst, wenn die Spieler ihre Figur gefunden haben und solche Dinge praktisch automatisch blitzschnell können, dann kennen sie ihre Figur und dann können sie sie auch spielen. Und dann sprechen sie auch wie ihre Figur, schlicht, weil sie ein anderes Körpergefühl haben.
So spielen sie nicht mehr "Text", sondern "Figur".
Gibt natürlich noch weit mehr, aber das wären mal zwei Dinge. Dialog glaubwürdig rüber zu bringen hat mit Schauspielerei zu tun. Das heisst, du brauchst Leute, die wirklich schauspielen - nicht einfach nur ihren Text lernen. Das hat nichts mit Schauspielerei zu tun, es ist lediglich die Grundlage, auf der Schauspielerei überhaupt betrieben werden kann. Die echte Arbeit beginnt dann, wenn alle ihren Text kennen.